Strache vor Wien-Wahl: "Viele wünschen sich, dass ich Ruhe gebe"

Strache vor Wien-Wahl: "Viele wünschen sich, dass ich Ruhe gebe"
Der Ex-FPÖ-Chef kandidiert erneut mit eigener Liste, glaubt trotz schlechter Umfragen an eine Überraschung – und will den Bürgermeister zwicken.

„Drei Prozent haben sie mir am Freitag vor der Wahl in Umfragen gegeben, 15 sind’s geworden.“ Heinz-Christian Strache lächelt verschmitzt, als er die Geschichte erzählt, wie er 2005 das erste Mal als Spitzenkandidat der Wiener FPÖ angetreten ist – und ihn alle unterschätzt haben.

Heute, 20 Jahre später, kandidiert der Ex-FPÖ-Chef und Ex-Vizekanzler mit seinem „Team HC Strache“ bei der Wien-Wahl und sagt: „Ich denke, dass eine Überraschung des Außenseiter-Kandidaten möglich wäre.“

Wobei er die „Überraschung“ schon selbst verkündet. Auf Social Media postete er jüngst zwei Wahlumfragen im Design einer Qualitätszeitung, die ihn bei fünf Prozent verorten – exakt so viel, wie er braucht, um in den Gemeinderat einzuziehen.

Die Quelle – „Institute/ London“ und „Citizens for transparency, democracy and against fake polls“ – ist via Google nicht zu finden. 

Laut Wahlkampfleitung stamme die Umfrage von einem „europaweiten Agenturverbund“, der das Team HC Strache in verschiedenen Bereichen unterstütze. „Dieses Netzwerk aus Profis kann durch besonders effiziente Herangehensweise und kurze Abstimmungswege sehr kostenattraktiv arbeiten.“ Aha.

Umfrageinstitute, die googlebar und in Österreich ansässig sind, sehen Straches Team bei zwei Prozent; in einer Bürgermeister-Direktwahl bei bis zu sechs.

Aber wer will sich schon von Fakten und Wahrscheinlichkeiten die Laune vermiesen lassen? Ein Heinz-Christian Strache sicher nicht.

Straßenwahlkampf

Auch die Tatsache, dass er vor zehn Jahren noch im „Duell um den Bürgermeistersessel“ (damals gegen Michael Häupl) stand, 2020 dann mit 3,3 Prozent den Einzug in den Gemeinderat verpasste und heuer im Straßenwahlkampf um jedes Prozenterl kämpfen muss, verdrießt ihn nicht. Im Gegenteil: „Ich genieße es. Ich bin gerne bei den Menschen, bei den Wienern. Ich brenne für unsere Heimatstadt.“

Viele würden zu ihm sagen: „Das ist nicht mehr unser Wien.“ Die Entwicklung von „Parallelgesellschaften“ bis hin zum „radikalen Islam“, Angst auf den Straßen, wenn es dunkel wird, aber auch desolate Wohnungen im Gemeindebau und Betriebsabsiedlungen in den Außenbezirken – das alles seien Sorgen, die ihm dort zugetragen würden.

Das unterscheide ihn von seinem Nachfolger, FPÖ-Chef Dominik Nepp: „Den sieht man nicht auf der Straße, der ist eher ein Vertreter des versnobten Cottage-Viertels.“

So gesehen hat er auch nicht den Eindruck, er würde seiner alten Partei Wähler abspenstig machen. Nepps FPÖ liegt in Umfragen bei 21 Prozent; zu seiner Zeit kam sie auf 31. Es gebe also ein offenes Potenzial von zehn Prozent, das er abdecken will, erklärt Strache. 

Im Gemeinderat könne sich dann ja eine inhaltliche Zusammenarbeit mit der FPÖ und der ÖVP ergeben. Eine solche „Dreiervariante“ wäre „eine starke Oppositionskraft gegen die rote Allmacht im Rathaus“.

2020 hat es seine Liste zwar nicht ins Rathaus geschafft, aber einige Bezirksmandate gewonnen – Strache nahm keines an. Auch jetzt sagt er: „Mein Ziel ist der Gemeinderat.“ SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig werde mit ihm „keine fünf ruhigen Jahre haben. Den zwick ich, dem steig ich auf die Zechen.“

Gerüchte, dass Ludwigs SPÖ heimlich seinen Wahlkampf fördern würde, um der FPÖ wehzutun, weist er als „Schwachsinn“ zurück. Und überhaupt: „Der Nepp tut sich wenn, dann selber weh.“

Immer wieder aufstehen

Das Team HC Strache hat als Wahlkampfbudget 600.000 Euro ausgewiesen, dieses Geld stamme aus Rücklagen und einem Kredit, erklärt Strache. Spenden habe es nur „minimal“ gegeben.

Privat lebt er von seinen Geschäften als Unternehmensberater – wobei ihn die Kosten für seine Strafverfahren existenziell fast ruiniert hätten. „Aber ich stehe immer wieder auf“, sagt der 2019 im Zuge der Ibiza-Affäre gefallene Polit-Star.

Macht dieses immer wieder aufstehen, sich exponieren und angreifbar machen, nicht müde? „Viele wünschen sich, dass ich liegen bleibe und Ruhe gebe. Aber das tue ich nicht. Ruhe werde ich später im Grab genug haben.“

Was ihn antreibt, sei ein gewisser Idealismus – auch weil er Vater von vier Kindern sei und für sie eine Verantwortung trage. „Ich will ein Wien, das lebenswert und sicher ist“, sagt er, und man mag es ihm glauben.

2005 stand die FPÖ in offiziellen Umfragen vor der Wien-Wahl übrigens bei knapp elf Prozent. Eine Überraschung war das Ergebnis von 15 Prozent also auch so.

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