Stadtstraße: Besetzern drohen hohe Strafzahlungen
Besuch von der Polizei hatten die Umweltaktivisten, die mit einem Protestcamp im 22. Bezirk den Bau der Stadtstraße blockieren, diese Woche bereits. Jetzt kam auch noch der Postbote. Mit – aus Sicht der Besetzer – ähnlich unerfreulichen Nachrichten.
Nachdem die Polizei die Versammlung offiziell aufgelöst hat (ein Formalakt, der an der faktischen Besetzung noch nichts ändert), droht die Stadt Wien in einem Schreiben jetzt mit dem Anwalt.
Wenn die Aktivisten nicht ehestmöglich abziehen, sehe sie sich gezwungen, „sämtliche ihr zur Verfügung stehenden rechtlichen Schritte einzuleiten, um die entstandenen Schäden einzufordern“, heißt es in dem Schreiben, das dem KURIER vorliegt.
Alle haften
Wen man zur Rechenschaft ziehen kann, hat die Stadt bereits rechtlich abgeklärt: Es bestehe eine „solidarische Haftung sämtlicher beteiligter Aktivist*innen für den gesamten Schaden“, heißt es in dem Brief.
Soll heißen: Es muss kein Rädelsführer ausgemacht werden, alle Haftenden müssen unabhängig von ihrer Schuld für Verbindlichkeiten und Schäden gleichmäßig einstehen.
Die Höchstgerichte hätten in ähnlichen Fällen bereits so entschieden, heißt es. Die letzte große Besetzung, mit der ein Bauprojekt in Österreich verhindert werden sollte, war übrigens jene gegen die 380-KV-Leitung in Salzburg.
Vorerst keine Räumung
Mit einer Räumung der Baustelle durch die Polizei will die zuständige Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) im Gespräch mit dem KURIER noch nicht drohen: Sie appelliere lieber an die Besetzer, anzuerkennen, dass auch die grüne Umweltministerin Leonore Gewessler dem Bau zugestimmt habe. Die Straße sei wichtig für den Ausbau des Wohngebiets Seestadt Aspern.
Die Besetzer zeigen sich davon unbeeindruckt. Man wolle bleiben, lässt man ausrichten: Erst wenn die Stadtstraße gestoppt sei, sei „auch die Lobau vor den Baggern sicher“. Der Zulauf an Unterstützern sei zuletzt sogar wieder stärker geworden.
Neues Gutachten
Widerstand der anderen Art übt unterdessen die Wiener Wirtschaftskammer: Sie will den Stopp des Lobautunnels durch Umweltministerin Gewessler weiter bekämpfen – hat, wie die Stadt, Klagen angekündigt.
Gestern hat die Wirtschaftskammer in einem ersten Schritt ein neues Gutachten präsentiert. Der Befund: Gewessler habe „willkürlich und ohne Rechtsgrundlage“ gehandelt.
Das Gutachten zeige „sehr klar, dass Aufsichtsratsmitglieder der Asfinag haften, wenn sie einem Bauprogramm zustimmen, in dem Straßenteile nicht mehr enthalten sind, die im Bundesstraßengesetz festgelegt sind“, sagt Wiens Wirtschaftskammer-Chef Walter Ruck.
Schon im Sommer ließ die Wirtschaftskammer ein Gutachten erstellen, das zu einem ähnlichen Ergebnis kam, Gewessler aber nicht in ihren Plänen aufhielt.
Die Wiener SPÖ und die ÖVP zeigten sich in einer ersten Reaktion erfreut über das Gutachten.
Die für den Bau des Lobautunnels zuständige Asfinag versichert in einer Stellungnahme, dass „selbstverständlich“ alle Entscheidungen von Vorstand und Aufsichtsrat gültigen rechtlichen Bestimmungen entsprechen würden. Sie würden zudem im Unternehmensinteresse erfolgen, heißt es in einem Statement an die APA.
Kommentare