Stadtschulrat weiß seit Monaten von Vorwürfen wegen sexuellen Missbrauchs
Der Wiener Stadtschulrat wurde bereits im November des Vorjahres über die Anschuldigungen informiert – vom Kläger, der befürchtet, dass der Lehrer, 56, nach wie vor Schüler missbrauche. Auch ein zweiter ehemaliger Schüler hat einige Monate später dem Stadtschulrat geschrieben, dass Mag. S. ihn sexuell belästigt habe. Bisher sind der Schulbehörde jedoch die Hände gebunden. Indes melden sich immer mehr Betroffene beim KURIER.
Wie berichtet, sollen sich der Missbrauch Anfang der 1980er-Jahre im damaligen Jesuiten-Internat Kalksburg zugetragen haben. Zu dieser Zeit war der nunmehrige Lehrer dort als Erzieher tätig und in den Nachtstunden für die Aufsicht der Internatsschüler zuständig.
Schadenersatz
Mag. S. soll den Schüler in seinem Dienst- und Schlafraum sexuell missbraucht haben. Der Lehrer, der auch Gemeinderat in Niederösterreich ist, stellte den Missbrauch im KURIER-Interview nicht explizit in Abrede und überlegt nach eigenen Angaben, die geforderte Schadenersatzsumme von 140.000 Euro aufzubringen.
Der Stadtschulrat hat erst nach den KURIER-Berichten über die Missbrauchsvorwürfe – also rund sechs Monate, nachdem der Behörde die Anschuldigungen bekannt geworden waren – mit dem Lehrer gesprochen. „Er sagt, dass sein KURIER-Interview nicht der Wahrheit entspricht“, erklärt die Wiener Landesschulinspektorin Waltraud Mori. Das Gymnasium an dem Mag. S. seit 1988 tätig ist, wurde in den vergangenen Monaten nicht eingehend über die Vorwürfe informiert. „Ich weiß nichts davon“, sagt die Direktorin des Gymnasiums vor zwei Wochen auf die Frage, ob ihr bekannt sei, dass es ein Missbrauchsverfahren gegen einen ihrer Kollegen gebe. „Wir haben in der Schule im Jänner nachgefragt, ob gegen einen Lehrer Beschwerden vorliegen“, meint hingegen Landesschulinspektorin Mori. „Uns wurde gesagt, es liegt nichts vor.“ Zudem sei der Stadtschulrat mit dem zuständigen Richter in ständigem Kontakt. „Er wird uns informieren, sobald Umstände bekannt werden, die Handlungsbedarf für den Stadtschulrat ergeben.“
Erste Klage
Der Lehrer gilt als unbescholten. Die Zivilklage wegen Missbrauchs eines damals zwölfjährigen Schülers gegen ihn ist die erste gerichtliche Auseinandersetzung. Die Unschuldsvermutung wiegt offenbar schwerer als der Umstand, dass er möglicherweise pädokriminelle Handlungen gesetzt hat und immer noch mit Kindern arbeitet. „Es sind schwerwiegende Vorwürfe. Wenn etwas vorgefallen ist, ist eine Suspendierung möglich, um Konsequenzen zu ziehen“, sagt Mori. Dafür sei aber eine Entscheidung des Gerichtes nötig. „Wenn Mag. S. den Schadenersatz zahlen will, gilt das für uns als Schuldeingeständnis.“
In der Vorwoche war S. mit Schülern in Berlin. Das bestätigt auch das Management des „Odyssee Hostel“, in der S. mit seiner Gruppe genächtigt hat. In seiner Schule behauptet man das Gegenteil. „Nein, er war dort nicht mit“, erklärt die Direktorin.
Lesen Sie am Montag im KURIER, was neue Zeugen berichten, die Mag. S. des Missbrauchs bezichtigen – nicht nur in Kalksburg.
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