Stadtrechnungshof-Chef: "Bin relativ furchtlos"
KURIER: Das ehemalige Kontrollamt heißt nun Stadtrechnungshof. Was hat sich außer dem Namen geändert?
Peter Pollak: Wir dürfen jetzt Unternehmen ab 50 Prozent Beteiligung der Stadt prüfen oder wenn die Stadt das Unternehmen wirtschaftlich beherrscht. Das ist eine Angleichung an die Prüfbefugnisse des Rechnungshofs.
Was hat sich für die Unternehmen geändert? Sie haben die Verpflichtung, zu melden, ob sie die Empfehlungen des Stadtrechnungshofs umgesetzt haben. Wenn sie das nicht getan haben, müssen sie melden, warum sie das nicht getan haben. Diese Meldungen werden von uns veröffentlicht.
Sollte der Stadtrechnungshof schon bei 25 Prozent Beteiligung prüfen dürfen, wie das die Neos vorgeschlagen haben?
Ich bin nicht so überzeugt, dass eine Maßzahl die richtige Antwort ist. Mir ist wichtiger, dass es gleiche Regeln für Bund und Länder gibt.
Wie viele geförderte Vereine werden geprüft?
Es gibt Hunderte von Vereinen. Daher versuchen wir, große Fördernehmer regelmäßig und kleinere stichprobenartig zu prüfen. Damit die Vereine wissen, der Stadtrechnungshof könnte auch bei ihnen vorbeikommen. Damit versuchen wir, generalpräventiv zu wirken.
Die Stadt will mithilfe des Wiener Strukturreform- und Ausgaben-Lenkungsausschusses (WiStA) zehn Prozent in der Verwaltung sparen. Ist davon auch der Stadtrechnungshof betroffen?
Den Prozess halte ich für sehr wichtig. Jede Verwaltung – auch der Stadtrechnungshof – muss sich immer wieder hinterfragen. WiStA wird auch den Stadtrechnungshof erfassen. Die Politik muss letztlich entscheiden, wie viel ihr Kontrolle wert ist. Dass Kontrolleinrichtungen etwas kosten, sollte aber jedem politischen Entscheidungsträger bewusst sein.Können Sie beziffern, wie viel die Stadt durch die Prüfungen des Stadtrechnungshof eingespart hat?
Nein, kann man nicht an einer Zahl festmachen. An Berichten kann man aber unsere Arbeit ablesen, etwa was die MA48 bei der Kompostierung eingespart hat.
Dort wurden nach Prüfungen des Stadtrechnungshofes innerhalb von sechs Jahren rund drei Millionen Euro eingespart. Warum haben Sie dennoch keine Gesamtsumme?
Weil man die generalpräventive Wirkung schwer beziffern kann. Wir sind aber dabei, uns Rechenmodelle anzusehen, die nachvollziehbar errechnen, was ein Euro an Ausgaben beim Stadtrechnungshof als Nutzen für die Stadt bewirkt.
In der Slowakei werden Verträge, die mit der öffentlichen Hand abgeschlossen werden, veröffentlicht. Der Direktor des Kontrollamts Bratislava tut sich da beim Prüfen leichter, oder?
Prüfen dürfen wir ja alles. Das Schwierige ist die Erstellung der Berichte. Wir müssen Sachverhalte darstellen, ohne Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zu verraten.
Welcher Bericht war für Sie persönlich besonders interessant?
Ich will da keinen herausheben. Ich freue mich über jeden Bericht, der öffentlich und in den Medien diskutiert wird.
Neos-Chefin Meinl-Reisinger sagte einst, es habe den Anschein, dass Berichte des Stadtrechnungshofs von der Stadt nicht ernst genommen werden.
Ich bin überzeugt, dass unsere Berichte ernst genommen werden; denn 97 Prozent unserer Empfehlungen werden umgesetzt.
Immer wieder sind Berichte des Stadtrechnungshofs anonymisiert. Warum diese Geheimniskrämerei? Hat der Bürger nicht ein Recht zu erfahren, was mit seinem Steuergeld passiert?
Wenn es ein Datenschutzgesetz gibt, ist das so. Dann muss halt das Recht verändert werden. Da sind die maßgeblichen politischen Entscheidungsträger gefordert.
Brauchen wir mehr Transparenz?
Transparenz ist nie ein Nachteil.
Wer überprüft ihre Prüfer?
Gute Frage. Ich war 25 Jahre in der Verwaltung tätig, und immer Teil einer geprüften Einrichtung. Und ich habe mir auch immer die Frage gestellt, wer eigentlich die Prüfer prüft. Wir starten daher 2017 einen Peer-Review-Prozess. Der Oberösterreichische Landesrechnungshof und der Rechnungshof von Sachsen werden den Stadtrechnungshof bis Sommer 2018 prüfen. Danach werden wir den Bericht veröffentlichen.
Sie haben die ungemütliche Aufgabe, die Fehler der Stadtverwaltung aufzuzeigen. Schauen Sie sich um, bevor Sie aus dem Büro gehen?
Nein, ich bin eigentlich relativ furchtlos.
1961 in Wien geboren, arbeitet seit 1985 für die Stadt Wien. Erste Stationen waren die Magistratischen Bezirksämter in Favoriten und Hernals. 1994 wurde er zum Leiter der Personalabteilung (MA2) bestellt. Seit 1. Juli 2010 ist Pollak Kontrollamtsdirektor, seit 1. Jänner 2014 (aufgrund einer Änderung der Stadtverfassung) Stadtrechnungshofdirektor.
Vater von vier erwachsenen Söhnen, betreibt seit zwanzig Jahren aktiv die asiatische Kampfkunst Karate.
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