Stadthallenbad wird zum Dauersanierungsfall

Stadthallenbad wird zum Dauersanierungsfall
Schäden an der Statik könnten zu einem Totalabbruch des Bades führen, sagen zwei unab­hängige Experten.

Die Schäden im Stadthallenbad dürften weit schwerer sein, als angenommen. Das bestätigen zwei Experten unabhängig voneinander dem KURIER. Neben mangelhaften Fliesenarbeiten macht den Verantwortlichen vor allem die Statik Sorgen. Die gerichtliche Beweissicherung sei auf die Beckenkonstruktion ausgeweitet worden, erklärte der zuständige Stadtrat Christian Oxonitsch kürzlich im Gemeinderat.

Ursprünglich war das große Becken aus mit Fliesen verkleidetem Stahlbeton. Dieser musste absolut wasserdicht sein, auch um die Gäste in den Garderoben unter dem Becken nicht zu gefährden (siehe Grafik). Dafür wurde der Stahlbeton mit sogenannten Spannkabeln gespannt. Die Kabel drückten den Stahlbeton so stark zusammen, bis er dicht war.

1996 wurde das Bad saniert und ein Edelstahlbecken auf das Betonbecken gesetzt, die Fliesen verschwanden. Im selben Jahr rissen jedoch einige Spannkabeln, die den Beton dicht hielten. Da nun jedoch das Edelstahlbecken das Wasser zurückhielt, nahm man das Problem nicht ernst.

Rostig

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Ein Fehler, wie sich jetzt herausstellt. Denn das Becken war undicht, das durchdringende Wasser dürfte den Stahlbeton über die Jahre beschädigt haben. Wie schwer, müssen nun Sachverständige klären.

"Die Stadt Wien wird sich fragen müssen, ob sie nicht eventuell großes Glück gehabt hat, dass bis jetzt nichts passiert ist", sagt ein Experte aus der Baubranche. Hätte der Stahlbeton nachgegeben, wären die darunterliegenden Garderoben schlagartig geflutet worden, mit fatalen Folgen für die Gäste. "Sollte die Stahlbetondecke schon so weit gerostet sein, dass sie nicht mehr sanierbar ist, wäre das Stadthallenbad abrissreif", sagt derselbe Bauexperte.

"Einmal mehr stellt sich die Frage, warum man vor der Sanierung nicht genau geprüft hat", kritisiert ÖVP-Gemeinderätin Isabella Leeb. Die Folgekosten seien nun um ein Vielfaches höher, der Schaden nicht absehbar.

Verschlimmert wurde das Problem bei der Sanierung, als bei Bohrarbeiten für die neue Wasserdurchströmung weitere Spannkabel beschädigt wurden, erklärt ein Insider, der wie der Bauexperte namentlich nicht genannt werden will. Zu heikel sei die derzeitige Lage, da das Aus für das Bad im Raum stehe.

"Derzeit prüfen noch die Sachverständigen", heißt es dazu aus der Geschäftsführung der Wiener Stadthalle. Man sei aber überrascht, dass Experten aus der Entfernung mehr wissen wollen als Sachverständige vor Ort.

Eines ist jedoch klar: Die neue Beweissicherung verzögert den Wiedereröffnungstermin erneut.

Chronologie eines Sanierungsfalls

Ganz dicht war das Stadthallenbad nie. Bereits dreieinhalb Monate nach der Eröffnung im Juni 1974 musste das Bad erstmals saniert werden. Hauptmangel: Das überschwappende Beckenwasser konnte nicht abfließen, daraufhin bildeten sich riesige Pfützen. Aus den Duschen tropfte es zudem bis in die Büros durch und die Rohre der Fußbodenheizung rosteten infolge der Feuchtigkeit.

Anfang der 1980er-Jahre die nächste Sanierung. 16 Millionen Schilling, umgerechnet 1,2 Millionen Euro, kosteten größere Überlaufrinnen am Beckenrand, neue Bodenabschrägungen und die erneute Reparatur der Heizung.

1996 musste zum dritten Mal renoviert werden, die bisher größte Sanierung. Die Verglasung splitterte, Schwimmer und Passanten waren gefährdet. Die Scheiben wurden durch Thermoglas ersetzt. Im Betonbecken wurde ein Edelstahlbecken eingesetzt. Duschen, Sauna und Garderoben mussten ebenfalls saniert werden. Kostenpunkt: 120 Millionen Schilling (8,7 Millionen Euro). Damals blieb das Bad zehn Monate geschlossen.

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