Stadt Wien: Immer Ärger mit den Pächtern
Der alte Luster mit den vergilbten Lampenschirmen hängt schief von der Decke. Die Polstermöbel sind schon lange ausgeblichen, ebenso die Tapeten. Das komplette Areal ist mit Absperrzäunen umrundet. „Betreten der Baustelle verboten!“, steht auf dem Schild davor.
Das Schloss Cobenzl mit seinem historischen Rondell hat wahrlich schon bessere Zeiten erlebt.
Doch nun startet eine neue Ära für das Anwesen auf einem der Hausberge der Wienerinnen und Wiener. Das marode Bauwerk mit den mit Graffiti beschmierten Fenstern soll Glasfronten und Dachterrassen weichen.
Am Donnerstag erfolgte der Spatenstich für das neue Café und Restaurant „Weitsicht Cobenzl“. Neben Café und Restaurant sollen auch Veranstaltungsräume und Werkstätten in dem 5.000m² großen Areal Platz finden. 4.000m² davon sind für Events bestimmt – drei neue Säle sollen entstehen.
Highlight soll ein sogenannter Sky Walk werden. Damit ist eine Dachterrasse als Aussichtsplattform gemeint, diese entsteht auf dem neuen Café und wird frei zugänglich sein.
Rondell muss abgerissen werden
Das Hauptgebäude des Schlosses bleibe größtenteils erhalten (bis auf ein baufälliges Nebengebäude). Das Café-Rondell müsse abgerissen und neu aufgebaut werden. Das neue Café soll aber auf den historischen Grundmauern und in sehr ähnlicher Form neu errichtet werden.
Der neue Pächter und Betreiber ist Martin Rohla. Es ist nicht sein erstes Projekt. Man kennt ihn bereits von Habibi & Hawara, Stadtflucht Bergmühle und der Swing Kitchen.
Am Cobenzl ist aber selbst Rohla auf Dinge gestoßen, die er nicht erwartet hätte. Zum Beispiel einen Swimmingpool. „Das war wirklich eine Messi-Meisterleistung, das so zu verrümpeln. Da ist noch einiges zu tun“, sagt der neue Pächter.
Die Wiener bekommen ihren Cobenzl zurück
Die Kosten für das Projekt (Eröffnung 2021) belaufen sich auf etwa 12 bis 15 Millionen Euro. Diese trägt die Goodshares GmbH von Rohla gemeinsam mit der Supernova Beteiligungs GmbH. Die Stadt Wien finanziert nicht mit.
Auch die zuständige Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) ist froh, dass nun endlich etwas Neues im Schloss Cobenzl einzieht. Denn bis dahin war es ein langer Weg.
Rechtsstreit
Zwei Jahre lang prozessierte die Stadt Wien mit dem langjährigen Pächter des Schlosses Olaf Auer. Er betrieb das Schloss ab dem Jahr 1983. Je länger Auers Engagement auf dem Cobenzl dauerte, desto unzufriedener wurde die Stadt.
"Ziemlich abgewirtschaftet" und "heruntergekommen" sei das Areal, attestierte die zuständige Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) damals.
Im Jahr 2012 kündigte die Stadt den Pachtvertrag und meldete Eigenbedarf an. Doch Auer wollte das Feld nicht räumen und blieb.
2014 brachte die Stadt schließlich Räumungsklage ein. Doch Auer ging auch dann nicht - und bekämpfte die Räumung. Bis zum Obersten Gerichtshof (OGH) ging der Fall. Im September 2016 entschied der OGH zugusten der Stadt, Ende Dezember 2016 musste Auer gehen. Wenig später verstarb er.
Auer war nicht der erste Generalpächter, den die Stadt loswerden wollte. Am bekanntesten ist wohl Norbert Weber, der sich heute Norbert Waldenburg nennt.
Weber (also:Waldenburg) war viele Jahre Betreiber der Copa Cagrana. In den 1980er Jahren eröffnete er das erste Lokal am Donauufer bei der Reichsbrücke. Die Copa Cagrana war geboren.
Die Gastro-Meile auf der Donauinsel ging viele Jahre gut, bis in die frühen Nuller-Jahren. Die Stadt wollte die Copa Cagrana neugestalten, Weber machte nicht mit. 2010 brachte die Stadt Räumungsklage gegen Weber ein.
Doch auch er blieb. Es folgten gegenseitige Schuldzuweisungen, Weber zeigte Sima sogar an. 2013 bot der Pächter der Stadt die gesamte Copa Cagrana zum letzten Mal an - um 3,5 Milliionen Euro. Doch die Stadt kaufte nicht. Stattdessen prozessierte sie weiter. Es häuften sich Anwaltskosten in der Höhe von einer Million Euro an.
Auch dieser Fall landete beim OGH. Im Jahr 2017 wies der Oberste Gerichtshof alle Rechtsmittel des Generalpächters ab, die Stadt durfte mit der Räumung beginnen. Abgesehen vom Prozess gegen den Generalpächter liefen weit über 100 weitere Zivilprozesse und Verwaltungsverfahren in der Causa Copa.
Das Happy End für die Stadt kam 2019: Am 4. Juni eröffnete die Stadträtin den ersten neuen Abschnitt der nun "Copa Beach" genannten Ausgehmeile.
Der Streit um die Copa war nicht der einzige, den die Stadt mit Norbert Waldenburg führte. Waldenburg betrieb auch das Partyschiff Johann Strauss. Seit 1985 lag es am Donaukanal. Nach einem Brand im Jahr 2011 entzog die Stadt die Genehmigung, hochtrabende Pläne für ein Kaffeehaus wurden nie umgesetzt.
Am 4. Mai 2018 wurde es um 22.500 Euro versteigert. Und auch diese Versteigerung hatte ein gerichtliches Vorspiel.
Am aktuellsten ist aber der Rechtsstreit mit einem anderen langjährigen Pächter. Und zwar mit Gerold Ecker, Betreiber des Badeschiffs. Weil die Stadt den Donaukanal neu bespielen will, will sie Ecker, der auch die Badeschiff-Vorkaifläche und jene vor der Adria gepachtet hat, loswerden.
Auch Ecker will die Flächen nicht räumen und streitet deswegen mit der Grundeigentümerin, das ist die Donauhochwasserschutz-Konkurrenz (DHK) vor Gericht. Die Stadt hat längst neue Pächter bestellt und diese öffentlichkeitswirksam präsentiert:
Stadtrechnungshof
Sogar der Stadtrechnungshof hat sich schon der Themen angenommen. Er überprüfte die Verträge der Stadt Wien mit den Pächtern entlang des Donaukanals, der Donauinsel und Neuer Donau. Das Ergebnis: Die Stadt habe in einigen Fällen viel zu wenig Zins eingehoben, Sonderrechte gewährt und Weitervermietung erlaubt.
Die Pächter fühlten (und fühlen) sich in den Rechtsstreitigkeiten oft unfair behandelt. Gerold Ecker hat den Donaukanal zu Zeiten bespielt, wo er längst noch nicht hipp war. Bei der Copa Cagrana war es ähnlich. Nach Jahren der Pionierarbeit mussten die Betreiber dann das Feld räumen.
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