SPÖ-Parteispitze will Steuer auf leer stehende Wohnungen
Bis zu 100.000 Wohnungen sollen in Wien leer stehen. Angesichts der Wohnungsnot fordert die Junge Generation (JG) der SPÖ Wien eine Leerstandsabgabe. "Es soll eine rechtliche Verpflichtung geben, Leerstände nach sechs Monaten zu melden. Bei unbegründetem Leerstand von einem Jahr soll eine Abgabe eingehoben werden", forderte der JG-Vorsitzende Marcus Gremel am Montag (der Kurier berichtete).
Während sich Wohnbaustadtrat Michael Ludwig skeptisch zeigte, bekommt die Junge Generation nun Rückendeckung von Wiens Bürgermeister: "Ein guter Vorschlag. Angesichts der Situation, dass Wien wächst, halte ich das für eine vernünftige Maßnahme", sagte Häupl am Dienstag. Wien brauche die Flexibilität die man am Arbeitsmarkt habe, auch am Wohnungsmarkt. Noch gebe es allerdings eine Menge im Detail auszuarbeiten: "Das wird die Aufgabe von Wohnbaustadtrat Michael Ludwig sein."
In dem Vorschlag der Jungen Generation war von einem Euro pro Quadratmeter und Monat die Rede. Bis zu 60 Millionen Euro könnte die Leerstandsabgabe bringen, rechnet die JG vor.
Leere Geschäfte
Vizebürgermeisterin und Finanzstadträtin Renate Brauner (SPÖ) geht unterdessen noch einen Schritt weiter. Sie kann sich eine Abgabe für leer stehende Geschäftslokale vorstellen. Denn auch auf diesem Sektor werde in ganz Wien auf höhere Mieteinnahmen spekuliert. "Gerade Start-ups und junge Kreative brauchen Geschäftslokale zu günstigen Mieten, die sind aber schwer zu finden", sagt Brauner. Gäbe es eine Leerstandsabgabe, würden Hausbesitzer die Lokale schneller vermieten, ist Brauner überzeugt.
"Das ist ein riesiger bürokratischer Aufwand, der wenig bringt", sagt hingegen Anton Holzapfel vom Verband der Immobilienwirtschaft. Er glaube auch nicht, dass es derart viele leer stehende Wohnungen gibt. "Einige haben sicher Wohnungen gekauft, um dort ihr Geld zu parken. Aber die schreckt eine Leerstandsabgabe nicht", sagt Holzapfel. Die Mieten würde die Abgabe daher nicht senken. Ebenso wenig seien Geschäfte, die nach Außen hin geschlossen aussehen noch zu haben: "Oft sind die bereits vermietet."
Eigentümer, die ihre Wohnungen absichtlich für längere Zeit leerstehen lassen, um die Mieten künstlich in die Höhe zu treiben, sollen künftig zur Kasse gebeten werden. Das fordert zumindest die Junge Generation (JG) der Wiener SPÖ. Mit dieser Maßnahme soll die Wohnungsknappheit in der Stadt bekämpft werden.
Das Problem ist nur: Wie viele solcher Leerstände es in Wien tatsächlich gibt, ist völlig unklar. Die letzte umfassende Erhebung durch den Stadtplaner Peter Moser liegt fast 20 Jahre zurück. Aktuell, so lautet seine vorsichtige Schätzung, dürften in der Stadt bis zu 100.000 Wohnungen leerstehen.
Ein viel zu hoch gegriffener Wert, widerspricht man im Büro von Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ). Hier geht man von lediglich 30.000 Leerständen aus, wobei nur ein Teil davon über einen längeren Zeitraum unbewohnt sei. Vielmehr handle es sich großteils wohl um kurzfristige Leerstände wegen Übersiedlungen oder Sanierungen bzw. Wohnungen aus Verlassenschaften. Mittlerweile seien die Mieten so hoch, dass es sich für Eigentümer nicht rentieren würde, Wohnungen nicht weiterzuvermieten. "Schließlich fallen auch für leere Wohnungen beträchtliche Kosten an", sagt ein Ludwig-Sprecher. Einen Bedarf für eine Leerstandsabgabe sieht man daher derzeit nicht.
Ähnlich sieht das auch der grüne Planungssprecher Christoph Chorherr: "Ich bezweifle, dass man mit einer solchen Maßnahme plötzlich mehrere Tausend zusätzliche Wohnungen zur Verfügung hätte."
Doch auch die Zahl 30.000 ist mit Vorsicht zu genießen: Sie ist lediglich eine grobe Schätzung, basierend auf Daten diverser Magistratsabteilungen und der Wohnbau-Forschung.
Eine Gesamt-Analyse gibt es auch seitens der Stadt nicht. "In Wien haben wir rund eine Million Wohnungen. Es wäre viel zu aufwendig, jede einzelne zu überprüfen", betont der Ludwig-Sprecher.
Um endlich verlässliche Daten zu erhalten, fordert die JG daher als ersten Schritt eine gesetzliche Verpflichtung für Eigentümer, Leerstände nach sechs Monaten zu melden.
Bund zuständig
Der Haken: "Ein solches Gesetz, genauso wie eine Leerstandsabgabe, kann nur der Bund beschließen", betont der Verfassungsjurist Heinz Mayer. Er verweist auf ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs aus dem Jahr 1985. Damals kippten die Richter die Leerstandsabgabe, die Wien erst drei Jahre zuvor eingeführt hatte.
Je nach Kategorie mussten Eigentümer für Wohnungen, die länger als sechs Monate leerstanden, umgerechnet bis zu 4,8 Euro pro Quadratmeter und Monat bezahlen. Die JG würde sich hingegen in ihrer Forderung mit einem Euro begnügen.
Doch auch ein entsprechendes Bundesgesetz wäre in der Praxis nur sehr schwer zu handhaben. Letztlich dreht es sich immer um die Frage, wie kontrolliert wird, warum, und ob Wohnungen über längere Zeit leerstehen. Eine Überprüfung könnte auch mit Datenschutz-Problemen verbunden sein, gibt Verfassungsjurist Mayer zu bedenken.
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