So neu ist Michael Ludwigs SPÖ wirklich

So neu ist Michael Ludwigs SPÖ wirklich
Nicht alle von seinen roten Stadträten glänzen bisher mit innovativen Ideen.

Eine „Wiener Melange“, eine Mischung aus bewährten und neuen Personen, sei sein Regierungsteam. Das wird Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) nicht müde zu betonen. Seit einem dreiviertel Jahr ist es nun im Amt. Was auffällt: Neue Köpfe müssen nicht unbedingt für eine neue Politik stehen, während Routiniers auf der Regierungsbank für Überraschungen gut sind. Eine Zwischenbilanz.

- Peter Hacker Der Quereinsteiger ist im Gesundheitsbereich um eine Abkehr von der Politik des Dahinwurstelns seiner Vorgängerinnen bemüht. Deutlich wird dies bei der Skandal-Baustelle Krankenhaus Nord, wo der ehemalige Chef des Fonds Soziales Wien den Verantwortlichen klare Vorgaben hinsichtlich Zeit- und Kostenplan verpasste. Mit seinem wortgewaltigen Auftreten gegen die türkis-blauen Pläne bei der Mindestsicherung ist er mittlerweile über Wien hinaus einer breiten Öffentlichkeit bekannt.

- Peter Hanke Ebenso wie Hacker ist der früheren Manager der Wien Holding kein langgedienter Parteifunktionär. Hanke ist es aber deutlich weniger gelungen, eigene Akzente zu setzen. In der Budgetpolitik führt er den Weg seiner Vorgängerin Renate Brauner ohne wesentliche Änderungen fort. Dem Bau einer neuen Mehrzweckhalle, dem Vorantreiben der Digitalisierung der Stadt sowie der Schaffung neuer Arbeitsplätze wäre auch sie nicht im Wege gestanden.

- Ulli Sima Hat in der neuen Regierung die Rolle der Law&Order-Beauftragten zu erfüllen und bildet damit den Gegenpol zur Peter Hacker. Mit Maßnahmen wie dem Alkoholverbot am Praterstern oder dem Essverbot in der U-Bahn sendet sie Signale an Wähler, in deren Augen die SPÖ das Thema Sicherheit zuletzt vernachlässigt hat und die deshalb bei den letzten Wahlen zur FPÖ übergelaufen sind.

- Kathrin Gaal Ähnlich wie Hanke steht auch die neue Wohnbaustadträtin für Kontinuität und setzt routiniert die Politik ihres Vorgängers Ludwig fort. Nennenswerte eigene Akzente konnte sie bis dato noch nicht setzen.

- Jürgen Czernohorszky setzt im Bildungsressort ebenfalls auf Bewährtes. Rund um den Skandal um Luxusgagen in einem SP-nahen Bildungsverein war er bemüht, sich vom System der alten SPÖ abzugrenzen. Dies gelang aber nur bedingt.

- Veronika Kaup-Hasler Mit ihr als Stadträtin weht im Kulturressort ein neuer Wind. Während es unter Andreas Mailath-Pokorny zuletzt schwer war, überhaupt einen Termin zu bekommen, setzt sie auf Offenheit und den Dialog mit der Kulturszene. Parteipolitik spielt in ihrem Handeln keine Rolle.

Partei beruhigt

Für Lea Six von der Sektion 8 im Alsergrund – nicht selten eine scharfe Kritikerin der Parteispitze – habe Ludwig bei der Zusammenstellung seines Teams sehr viel Geschick bewiesen. „Es ist wieder Ruhe in die Partei eingekehrt“, schildert sie.

Als spürbarste Veränderung zur Ära Häupl ortet sie den Fokus auf dem Bereich Sicherheit. „Mit Themen wie Alkohol- oder Waffenverbot tritt Ludwig als eine Art Hausmeister von Wien auf“, urteilt Six. Entsprechend kritisch sieht sie die jüngsten Aussagen des Bürgermeisters zur Sicherungshaft. Häupl hätte anders agiert.

Six wünscht sich, dass man stattdessen stärker zur Verteidigung sozialdemokratischer Ideale auftritt. „Im Zusammenhang mit der Mindestsicherung hat das bereits fantastisch funktioniert. Jeder hat verstanden, worum es dabei geht. Die Bundesregierung legt ohnehin einen Elfmeter nach den anderen auf.“

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