Schwarzarbeit im Kebab-Standl

Schwarzarbeit im Kebab-Standl
Wien: Pro Jahr erwischt die Gebietskrankenkasse in der Gastronomie 300 Nichtversicherte. Eine Lokaltour mit den Kontrolloren.

Meine eCard hab ich nicht dabei", sagt der junge Kebab-Verkäufer in Meidling. "Ich arbeite aber erst den ersten Tag hier. Eigentlich bin ich Koch, hier helfe ich meinem Onkel aus."

Ernfried Jaklitsch, bei der Wiener Gebietskranken­kasse (WGKK) für die Beitragsprüfung zuständig, setzt ein viel wissendes Lächeln auf: "Das ist jetzt schon ein bisserl verdächtig. Klingt nach einer typischen Aus­rede."

Dabei stehen Jaklitsch und sein Team erst am Beginn ihrer Lokaltour durch den 12. Bezirk. Einem Dutzend Gastro-Betrieben wollen sie an diesem Abend einen Besuch abstatten, um zu überprüfen, ob die Mitarbeiter auch ordnungsgemäß angemeldet sind.

"Im Gastgewerbe finden wir immer etwas", erzählt der Prüfer. Allein im Vorjahr wurden wienweit 300 Nichtversicherte aufgegriffen.

Bauchgefühl

Schwarzarbeit im Kebab-Standl

Sein Bauchgefühl sollte Jaklitsch auch im Fall des Kebab-Standlers nicht täuschen: Der junge Mann ist zwar beim AMS gemeldet, nicht aber bei der Sozial­versicherung. "Als kleines Service von unserer Seite übernehmen wir gleich die Anmeldung." Telefonisch wird auch sofort der Chef des Stands verständigt und zur WGKK vorgeladen. Er muss die ausständigen Beiträge nachzahlen und bekommt eine Strafe von 400 Euro aufgebrummt.

Unterstützt wird das Team von einem Finanzer, Polizisten in Uniform sowie zivilen Beamten der Kripo und der AGM-Abteilung, die nach dem Wegfall der Grenzkontrollen im Schengenraum stichprobenartig Personen- und Fahrzeugkontrollen durchführen.

Tunesier ohne Papiere

Während die WGKK-Mitarbeiter noch mit dem Kebab-Standler beschäftigt sind, fällt den Polizisten ein mit Bauschutt beladenes Fahrzeug auf. Auf dem Beifahrersitz ein Tunesier im Bauarbeiter-Outfit, dessen Aufenthaltsstatus nicht feststellbar ist. Nur zufällig habe er ihn mitgenommen, beteuert der Fahrer. Später gibt er dann doch zu, dass der Mann beim Ausbau einer Schulklasse eines islamischen Vereins geholfen hat. Kostenlos, versteht sich. Weil sich der Aufenthaltsstatus des Tunesiers nicht klären lässt, wird er von zwei Beamten abgeführt.

"Natürlich haben wir es hier mit Menschen zu tun, die einfach ihre Existenz aufbauen wollen", sagt Jaklitsch und zeigt Verständnis für das Schicksal der Kontrollierten. "Allzu gutmütig dürfen wir aber auch nicht sein. Sonst zahlen wir nur drauf."

Weiter führt die Tour zu Standln mit Kebab oder chinesischen Nudeln. Hier ist alles in Ordnung, die Amtshandlung in wenigen Minuten beendet. Etwas mehr verblüfft die Prüfer ein Café, das gleichzeitig als Baufirma firmiert. Zumindest in Sachen Versicherung läuft aber auch hier alles korrekt ab.

Noch bis ein Uhr morgens ist das Team unterwegs. Im Laufe des Abends stößt es auf einen weiteren Schwarz­arbeiter. Auch für die Polizei gibt es nur noch wenig zu tun. "Ein sehr ruhiger Abend", zieht Jaklitsch Bilanz.

Alle paar Wochen rücken er und sein Team abends aus. Um alle Lokale der Stadt regelmäßig zu kontrollieren, reicht das freilich nicht aus. "So viel Personal könnten wir nie haben. Doch wir erzielen auch so eine vorbeugende Wirkung."

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