Schiffbruch in der Seestadt

Sozialer Wohnbau und schmucke Eigentumswohnungen: In der Seestadt Aspern in Wien-Donaustadt will die SPÖ soziale Durchmischung gelebt wissen
Für die SPÖ gilt die Seestadt Aspern als Vorzeigeprojekt. Doch bei der Wien-Wahl siegten die Blauen deutlich.

Es gibt wahrlich schönere Anblicke, als jenen der Seestadt Aspern an einem kalten, windigen Herbsttag. Der Himmel grau in grau, kaum eine Menschenseele auf der Straße. So trist wie die Stimmung am gestrigen Dienstag dort war, muss sie wohl auch in der Wiener SPÖ sein.

Denn in zwei der drei Wahlsprengel in der Seestadt wurde blau gewählt. Rund um die Ilse-Arlt-Straße erreichte die FPÖ mit 44,31 Prozent den ersten Platz. Die SPÖ liegt mit 34,58 Prozent deutlich dahinter. Im Sprengel 150 kam die FPÖ auf 37,32 Prozent, die SPÖ auf 30,62. Nur im Norden konnten sich die Roten mit 39,05 Prozent gegenüber den Blauen mit 33,51 Prozent behaupten. Dabei ist die Seestadt Aspern das Prestigeobjekt der Wiener SPÖ. Bis 2028 sollen dort leistbare Wohnungen für 20.000 Menschen entstehen. Motto: wenig Verkehr, viel Grün, soziale Durchmischung. Dazu Bildungs- und Forschungseinrichtungen. 15.000 neue Arbeitsplätze will die SPÖ dort schaffen. Trotzdem wurde sie nicht auf den ersten Platz gewählt. Warum ist das so?

Abgehoben

Schiffbruch in der Seestadt
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"14 Tage vor der Wahl zwei Mal eine Runde in der Seestadt drehen, das ist zu wenig", sagt Werner Kurz. Seit Juli wohnt der 56-Jährige in der Ilse-Arlt-Straße. Auch er hat am Sonntag FPÖ gewählt, obwohl er lange Jahre "ein klassischer SPÖ-Wähler" war, wie er sagt. Kurz wohnt gerne in der Seestadt. "Wien ist eine lebenswerte Stadt, keine Frage. Aber deshalb muss ich nicht SPÖ wählen. Das ist alles mit öffentlichem Geld finanziert", sagt er. Das Problem der SPÖ? "Sie hat ihre Basis verloren." Sich nach Verlusten hinzustellen und sich als Wahlsieger feiern zu lassen, "das ist abgehoben", sagt Kurz. Und eine Frau, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will, meint: "Früher haben die Politiker für die Menschen gearbeitet. Jetzt hat man das Gefühl, sie arbeiten nur für sich."

Auch die propagierte "soziale Durchmischung" dürfte in der Seestadt noch nicht ganz so gelebt werden. Die Menschen beschweren sich über Lärm und Müll. "Ab 22 Uhr machen die nur Party", erzählt eine junge Frau, in deren Nachbarschaft "so gut wie nur Ausländer" leben. Das könne sie nicht brauchen, schließlich müsse ihr Kind schlafen.

Dankbar

Auch Danuta Janczura sagt, dass es abends oft laut ist. "Und ich habe gesehen, wie Menschen Mist beim Fenster rauswerfen." Trotzdem lebt sie gerne dort: "Es ist einfach wunderschön. Meine Tochter hat hier eine Wohnung bekommen und ich auch."

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Deshalb kann sie auch nicht nachvollziehen, warum so viele dort die FPÖ wählen: "Man muss doch der SPÖ dankbar sein." Perfekt ist die Seestadt aber auch für sie nicht: "Es fehlen ein praktischer Arzt und ein billigerer Supermarkt. Der Spar ist ein bissl teuer", sagt sie.

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