Treffpunkt Wien: Sagenhafte Schritte durchs Nibelungenviertel

Stadthallen-Chef Wolfgang Fischer tankt im Nibelungenviertel Kraft.
Rudolfsheim: Stadthallen-Chef Wolfgang Fischer sucht in der Pause gern das Nibelungenviertel auf.

Gelegen zwischen Neubaugürtel, Hütteldorfer Straße und Lugner-City könnte der Arbeitsplatz von Stadthallen-Chef Wolfgang Fischer urbaner kaum sein. Tatsächlich befinden sich aber auch seine liebsten Wiener Grünoasen nur ein paar Schritte entfernt: der Kriemhildplatz und die Markgraf-Rüdiger-Straße mit ihrer Baumallee.

Ein bisschen, meint der Geschäftsführer, als er den KURIER in dem Grätzel trifft, erinnere es ihn hier an die Provence, mit den Pappeln und den Akazien, den breiten Gassen, die man so nahe am Gürtel nicht vermuten würde, den Gründerzeithäusern mit den (noch) nicht ausgebauten Dachböden, der Clemens-Holzmeister-Kirche.

Auch für Mitarbeitergespräche komme der 56-Jährige oft hierher. „Also nicht, wenn man eine Agenda abarbeiten muss, aber wenn man ein Problem lösen möchte. Beim Gehen konzentriert man sich anders, kommt auf neue Gedanken.“

Gewachsen

Offiziell wurde das Grätzel südöstlich der Schmelz nie Nibelungenviertel getauft. Aber als 1912 dieser Teil des „Exerzier- und Paradeplatz Schmelz“ zur Bebauung freigegeben wurde, wurden die Straßen mehrheitlich nach Personen aus dem Nibelungenlied benannt – weil sich der mittelalterliche Heldenepos rund um Drachentöter Siegfried zu der Zeit großer Beliebtheit erfreute.

Treffpunkt Wien: Sagenhafte Schritte durchs Nibelungenviertel

Wolfgang Fischer, als junger Bub von Sagen und Legenden begeistert, entdeckte das Nibelungenlied mit elf Jahren.

Was ihn daran so fasziniert? „Es waren halt coole und so richtig spannende Raubersg’schichten.“

Das Viertel lernte er übrigens exakt 100 Jahre nach dessen Entstehung kennen; 2012, als er Geschäftsführer der Wiener Stadthalle wurde und die Gegend zu Fuß erkundete. Mittlerweile unterstützt die Stadthalle auch das jährliche Grätzelfest am Kriemhildplatz.

Ob Prinzessin Kriemhild, Alberich, der den Nibelungenhort hütet, oder Hunnenkönig Etzel, dem Attila als Vorbild diente – vielen würden diese Personen heute nichts mehr sagen. Manchmal, wenn Wolfgang Fischer Taxilenker testen möchte, lässt er sich in die Dankwartgasse führen und blickt aufs Navi. In so gut wie allen Fällen würden die Fahrer auf den Buchstaben T tippen. „Weil sie an den Tankwart denken und nicht an den Nibelungenkrieger.“ Er grinst.

Jubiläum

Beruflich waren die jüngsten Monate für Wolfgang Fischer besonders spannend. Die Stadthalle feiert gerade ihre 60. Saison. Im Juni gab es ein großes Fest, bis Jahresende warten noch einige Highlights: Paul McCartney, Dita van Teese, Roland Kaiser. Was tut Fischer, um sich in solch hektischen Zeiten zu entspannen? „Ich bin immer entspannt“, sagt der Chef von Österreichs größter Veranstaltungshalle und lacht.

Und wie oft besucht er selbst Shows und Konzerte? „Sehr oft. Ich übe Sport weder aktiv noch passiv aus und habe deshalb ein großes Zeitbudget für Kulturveranstaltungen.“ Er lacht wieder. „Aber ich habe einen anderen Blick als früher. Wenn ich jetzt in London in der O2-Arena sitze, frage ich mich dauernd: Wie machen die das mit dem Einlass, mit dem Bier? Es ist weniger Genuss als früher.“ Aber das nehme er in Kauf. Und dafür gehe er jetzt vermehrt ins Konzerthaus oder in die Oper. „Da kann ich weiterhin so richtig eintauchen.“ Besonders, wenn es Richard Wagners „Ring der Nibelungen“ spielt.

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