Rufe nach Demozone in Wien werden lauter

Demos schmälern den Umsatz, klagen Unternehmer.
An Demo-Tagen kämen weniger Kunden in die Innere Stadt, beklagen die Unternehmer. Wie auch die ÖVP fordern sie daher Demozonen. So könne etwa der Heldenplatz Ring, Stephansplatz und MaHü entlasten.

309 Unternehmer der Inneren Stadt und 2148 Privatpersonen haben die Petition für Demozonen unterschrieben, die Aida-Chef Dominik Prousek gestartet hatte. Wie berichtet, klagen die Geschäftsleute an Tagen, an denen Demozüge über den gesperrten Ring und durch die City ziehen, über Umsatzeinbußen.

Zudem sei man um die Sicherheit der Gäste bzw. Kunden besorgt, erklärt Prousek. Der Hintergrund: Im Sommer war es beim Zusammentreffen von türkischen und kurdischen Demonstranten auf dem Stephansplatz zu Sachbeschädigungen im Schanigarten der Traditionskonditorei gekommen. Verängstigte Gäste hatten sich auf den Toiletten eingesperrt, die Filiale musste für vier Stunden geschlossen werden.

Rufe nach Demozone in Wien werden lauter
Kurdinnen und Kurden ziehen vom Museumsquartier über den Ring - mit Zwischenhalt beim Parlament - zum Ballhausplatz, um gegen die Gewalttaten der ISIS zu demonstrieren. Wien, 10.10.2014
Unterstützt wird die Petition, mit der man nun Druck auf die rot-grüne Stadtregierung ausüben möchte, von der Wiener ÖVP. Zwar wolle man das Recht auf Versammlungsfreiheit nicht einschränken, betont Stadtparteichef Gernot Blümel. Sinnbefreite Spaß-Events, wie die Udo-Jürgens-Bademantel-Demo, derentwegen der Ring gesperrt wurde, oder aus dem Ausland importierte Konflikte seien aber nicht über die Rechte auf Erwerbsfreiheit und Sicherheit zu stellen. Darum plädieren Volkspartei und City-Unternehmer einmal mehr für ausgewiesene Demozonen – etwa den Heldenplatz.

Kommt Bettelverbot?

Zu den Unternehmern, die die Aida-Petition unterschrieben haben, gehören auch Pia Fischer und Johannes Huber-Pock, die Inhaber des Papierfachhandels "Huber & Lerner" in der Weihburggasse. Werde doch an Demo-Tagen im Verkehrsfunk vor der Innenstadt gewarnt. "Die Kunden kommen dann gar nicht erst in die City. Das ist schon stark spürbar", sagt Huber-Pock.

Mit der Forderung nach Demozonen verknüpft die ÖVP den Wunsch nach Tourismuszonen, in denen die Sonntagsöffnung möglich ist. Und auch Prousek denkt bereits über die nächste Petition nach: im Frühjahr will man Unterschriften für ein Bettelverbot in der City sammeln. Der Vorstoß findet die „prinzipielle Zustimmung“ der Stadt-Schwarzen.

Illusionen geben sich aber weder Blümel, noch Prousek hin. Da Demozonen unter der derzeitigen Gesetzeslage nicht umsetzbar seien, hoffe man auf eine Gesetzesänderung, erklärt Letzterer. Adressaten der Forderung seien Innenminister Wolfgang Sobotka im Bund bzw. Bürgermeister Michael Häupl.

Sowohl Rot und Grün, als auch die Exekutive erteilten der Forderung schon zu Beginn der Petition eine Absage. Die Polizei könne nicht entscheiden, was eine sinnvolle Demo sei – „das wäre unsere subjektive Meinung“, erklärte ein Sprecher. Bei der Anmeldung zähle allein, ob alle gesetzlichen Auflagen erfüllt seien.

Rufe nach Demozone in Wien werden lauter
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Aus Sicht von Wirten und Geschäftsleuten in der City oder Mariahilfer Straße ist es zweifellos lästig: Es vergeht keine Woche, ohne dass Demonstrationen den Ring, die Innenstadt-Fußgängerzonen oder die MaHü lahmlegen. Die Kundgebungen samt Polizeiaufgebot senken Kundenfrequenz und Umsätze; (teure Innenstadt-)Mieten, Strom und Personal müssen trotzdem bezahlt werden.

Andererseits zählt das Demonstrationsrecht zu den Grundpfeilern der Demokratie. Freilich sagt die Verfassung nicht, dass man ausgerechnet am Ring oder Stephansplatz demonstrieren muss. Die vorgeschlagene Alternative überzeugt aber auch nicht: Demos fernab der Einkaufsstraßen verärgern zwar keine Geschäftsleute, nehmen den Teilnehmern aber die Möglichkeit, öffentlichkeitswirksam auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen.

Bleibt die Frage nach der Legitimität einer Demo. Rechte und Linke, Türken und Kurden, Abtreibungsgegner und -befürworter machen auf (aus ihrer Sicht) wichtige Anliegen aufmerksam. Klar zu verneinen ist die Legitimität bei Events wie einer Bademantel-Demo am Ring, die ein Prater-Unternehmen aus Anlass der Einweihung einer Udo-Jürgens-Wachsfigur angemeldet hat.

von Martin Bernert

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