Rudolfstiftung: "War wie ein Rausschmiss"

In der Rudolfstiftung ist die Wäschereinigung teuer.
Vergewaltigungsopfer appelliert an Ärzte, mehr Verständnis zu zeigen.

Seit dem 23. Mai hat sich die Welt für die 20-jährige Deli O. aus Wien gründlich geändert. Die junge Frau befand sich in der Nacht auf dem Heimweg, als sie ein Mann von hinten überfiel, sie würgte und sie vergewaltigen wollte. Doch die junge Frau wehrte sich, schrie. Der Täter flüchtete.

Doch was die Frau dann erlebte, das setzt ihr noch heute zu. Denn im Krankenhaus bekam sie statt der erhofften Hilfe auch noch Vorwürfe und wurde schließlich hinausgeworfen. Jetzt ist die Patientenanwaltschaft eingeschaltet. Im Gespräch mit dem KURIER schildern Deli O. und ihr Freund Mark R., wie sie die Situation erlebt haben.

KURIER: Frau O., was ist in der Nacht vom 23. Mai passiert?

Rudolfstiftung: "War wie ein Rausschmiss"
Versuchte Vergewaltigung Opfer
Deli O.:Ich war mit einer Freundin feiern, bin nachts dann mit dem Bus nach Hause gefahren. Ein Mann hat sich neben mich gesetzt. Der ist mir dann beim Aussteigen gefolgt. Kurz vor meiner Wohnung hat er mich plötzlich gewürgt und sich entblößt. Er wollte mich vergewaltigen. Aber ich habe mich gewehrt und geschrien. Da ist er geflüchtet.

Mark R.: Ich bin wach geworden, als ich meine Freundin weinen gehört habe. Sie ist im Gang gesessen. Sie hat mir erzählt, was passiert ist und ich habe die Polizei gerufen. Die Deli stand völlig unter Schock, hat gezittert. Die Rettung hat uns dann ins Krankenhaus Rudolfstiftung gebracht.

Und dort hat Sie der Arzt dann gefragt, was Sie überhaupt um drei Uhr nachts auf der Straße machen?

Mark R.: Erst haben wir 20 Minuten am Gang vor der Notaufnahme gewartet. Als wir dann ins Behandlungszimmer gekommen sind, hat uns der Arzt gar nicht angeschaut. Er hat nur gefragt, warum wir hier sind.

Deli O.: Ich konnte zu dem Zeitpunkt kaum reden, hab’ ihm aber trotzdem kurz geschildert, was passiert ist. Der Arzt hat in den PC geschaut und gemeint: Das ist hier ersichtlich. Aber was soll ich tun?

Mark R.: Dann hat er sie gefragt, was sie überhaupt um drei Uhr nachts auf der Straße macht. Ich war geschockt von der Ignoranz und der Arroganz. Zumindest ein bisschen Anteilnahme ist doch in so einer Situation doch angebracht.

Deli O.: Ich musste mich rechtfertigen. Ich habe ihm gesagt, dass ich gar nicht herkommen wollte, aber die Polizei hat uns geschickt. Es sollten auch noch DNA-Spuren genommen werden.

Mark R.: Ich bin dann vielleicht ein bisschen lauter geworden. Ich hab’ das überhaupt nicht fassen können. Der Arzt ist dann weggegangen, es war nur mehr ein Pfleger da. Der hat gemeint, wir können uns ja beschweren. Als ich nach seinem vollen Namen gefragt habe, hat er uns mit dem Sicherheitsdienst gedroht. Das war wie ein Rausschmiss.

Sie haben das Spital dann verlassen?

Deli O.: Ja, ich bin schreiend rausgelaufen. Wir standen dann vor der Tür. Wir wurden allein gelassen. Wir wussten nicht, was wir tun sollen. Das war wie in einem Albtraum.

Mark O.: Dann war da gleich eine Polizeiinspektion. Da sind wir hinein. Dort hat man uns zugehört. Das war gut, das hat geholfen.

Der Krankenanstaltenverbund hat zugegeben, dass es Probleme bei der Kommunikation gegeben hat. Gab’s eine Entschuldigung?

Deli O.: Seit dem Vorfall bin ich in Therapie. Meine Therapeutin hat den Arzt angerufen und ihm gesagt, er soll sich bei mir entschuldigen. Er hat dann gemeint, das hätte nicht so enden dürfen, dass ihm das leid tut. Aber von selbst hat sich niemand gemeldet.

Warum sind Sie mit Ihrem Erlebnis an die Öffentlichkeit gegangen?

Deli O.: Ich will mich nicht verstecken. Ich will, dass man darüber spricht. Hier ist etwas schiefgegangen. Ein paar nette Worte vom Arzt hätten mir in der Situation schon geholfen.

Mark R.: Wir wollen niemanden in die Pfanne hauen. Wir wollen eine Sensibilisierung. Vielleicht reagieren Ärzte in Zukunft dann anders.

Eine Frau wird in Simmering von einem Mann überfallen, zu Boden geworfen und gewürgt. Doch die 20-Jährige wehrt sich. Der Täter lässt von seinem Opfer ab. "Aber ich war vollkommen außer mir, ich hatte einen Schock", schildert Deli O. Das merken auch die zu Hilfe gerufenen Polizisten. Sie schicken die junge Frau ins Spital. Dort fragt sie der Arzt: "Was machen Sie um 3 Uhr Früh auch auf der Straße?" Das Ganze gipfelt darin, dass das Opfer aus dem Krankenhaus (Rudolfstiftung) geworfen wird, berichtet die Bezirkszeitung.

Die Patientenanwaltschaft prüft den Fall, der sich am 23. Mai ereignet hat. "Für solche Fälle gibt es ein Prozedere. Eine Opferschutzgruppe wäre einzubeziehen gewesen", sagt Patientenanwältin Sigrid Pilz. "Es ist nicht zu dulden, dass ein Arzt Täter und Opfer umkehrt." Der Arzt hat sich später bei Deli O. in einem Telefonat entschuldigt. "Aber ich will verhindern, dass das wieder passiert", sagt sie.

Im Krankenanstaltenverbund spricht man von einem "unglücklichen Verlauf der Kommunikation". Der Satz sei bei der Ersterhebung gefallen und von der Patientin missverstanden worden. Man habe sie keinesfalls rausgeworfen. Die Frau habe von sich aus das Spital verlassen.

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