Rot-Pink in Wien: Aufschwung soll gelingen – aber ohne Punschkrapfen

INHALTLICHE PRÄSENTATION DER NEUEN KOALITION VON SPÖ UND NEOS: EMMERLING / LUDWIG
SPÖ und Neos wollen den Wirtschaftsstandort stärken. Vieles ist eine logische Fortsetzung der vergangenen fünf Jahre.

Sichtlich gut gelaunt traten Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und Vizebürgermeisterin Bettina Emmerling (Neos) am Dienstag vor die Presse. Die Chemie scheint zu stimmen – auch wenn dieses Mal , anders als vor fünf Jahren, darauf verzichtet wurde, den rot-pinken Pakt mit einem Punschkrapferl zu besiegeln.

Für den damaligen klamaukesken Auftritt scheint die Lage zu ernst, beide Parteispitzen referenzierten bei ihren Statements auf die Aneinanderreihung diverser Krisen, angefangen bei der Coronapandemie bis hin zur Wirtschaftslage. Ähnlich wie im Bund steht das Regierungsprogramm im Zeichen der angespannten Budgetsituation. Darum wurden unter anderem strukturelle Reformen, eine Gegenfinanzierungspflicht neuer Maßnahmen und auch die Evaluierung bestehender Förderungen in Aussicht gestellt.

Umso überraschender, dass man sich für den Namen Aufschwungskoalition entschieden hat. 

Und aufschwingen soll sich Wien, indem ein starker Fokus auf den Wirtschaftsstandort gelegt wird.

Auf den ersten Blick mag es erstaunlich wirken, dass eine mehrheitlich sozialdemokratische Regierung diese Schwerpunktsetzung wählt. Die auserkorenen Punkte sind allerdings eine logische Konsequenz dessen, was SPÖ und Neos schon in den vergangenen fünf Jahren vorangetrieben haben.

Fokus auf Arbeitsmarkt

So sollen Maßnahmen gesetzt werden, um wieder mehr Menschen in den Arbeitsmarkt zu bringen – in der vergangenen Legislaturperiode habe etwa die Schaffung von Ausbildungsgeld für Pflegeberufe viel bewirkt, erläuterte Ludwig.

Diesen Weg wolle man nun weitergehen. Dabei setze man einerseits auf Branchen, in denen Personalmangel herrscht, etwa in der Pflege oder der Pädagogik.

Andererseits sollen bestimmte Personengruppen unterstützt werden, die es derzeit schwerhaben Jobs zu finden: Frauen ohne Ausbildung, Jugendliche und ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Die Grätzel wolle man ebenfalls weiterentwickeln und vor allem den Leerstand bekämpfen, etwa mit einem gezielten Leerstandsmonitoring. Vom ganz Regionalen ging es zur Internationalität: Ein Herzstück ist die internationale Positionierung Wiens als Wissenschafts- und Kongressstandort. Gerade beim Vormarsch der künstlichen Intelligenz will man sich positionieren, auch das ist nicht neu, die angestrebten Schritte aber schon. So will sich die Stadt etwa für ein riesiges europäisches KI-Rechenzentrum bewerben und einen Hightech-Standort in Aspern etablieren.

Die Stadtregierung blieb ihrem kommunikativen Weg treu, hauptsächlich positive Errungenschaften in Wien hervorzustreichen. „Auf Platz 1 zu sein, sind wir in Wien ja gewohnt“, sagte der Bürgermeister beispielsweise als Einstieg dazu, dass die Stadt die Poleposition bei den Kongressstädten wieder zurückerobert hat.

Deutschkenntnisse im Fokus

Dennoch verzichtete man im Regierungsabkommen nicht darauf, auch unbequeme Herausforderungen anzusprechen, wie den Umgang mit der Mindestsicherung oder die Defizite vieler Kinder bezüglich ihrer Deutschkenntnisse.

So gut wie keinen Raum nahm dafür die Sicherheit ein, obwohl sie das meistdiskutierte Thema im Wahlkampf war. „Vieles ist Bundeskompetenz“, sagte Ludwig auf Nachfrage, verwies aber darauf, dass die Stadt die Polizei schon lange unterstütze und einige Tätigkeiten wie etwa das Passwesen übernommen habe.

Neos stimmen noch ab

Eine Minihürde gibt es noch. „Wir sind die Neos, bei uns bestimmen die Mitglieder“, erklärte Emmerling – und diese müssen dem Koalitionspakt bei der Mitgliederversammlung am kommenden Samstag erst zustimmen. Sie sei aber sehr optimistisch.

Der künftige Wiener Stadtsenat wird aus 13 Mitgliedern bestehen, damit muss die Wiener SPÖ auf keinen Stadtrat verzichten. Wer diese sein werden, wird am Mittwoch in den Gremien bestimmt und noch am Nachmittag bekannt gegeben – mit Spannung wird vor allem erwartet, wer das Finanzressort übernimmt.

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