Rot-grüne Spiegelfechtereien um Lobautunnel und Citymaut

Rot-grüne Spiegelfechtereien  um Lobautunnel und Citymaut
Regierungspartner streiten heftig, eine Scheidung können sie sich derzeit aber nicht leisten.

Fast erinnert das Szenario an die Endphase der rot-schwarzen Bundesregierung. Kaum ein Sachthema, bei dem sich die rot-grüne Rathauskoalition zuletzt nicht in die Haare geriet. Erst brüskierte der neue Parteichef Michael Ludwig die Grünen mit seinem Vorstoß für ein Alkoholverbot am Praterstern. Die Retourkutsche folgte prompt in Form von Maria Vassilakous (mittlerweile wieder zurückgezogener) Forderung nach einer Citymaut. Und im Kampf gegen den Lobautunnel ließ sich der grüne Landessprecher Joachim Kovacs zuletzt sogar dazu hinreißen, SPÖ-Vorsteher in den Flächenbezirken als „Feiglinge“ zu bezeichnen, wofür er sich am Montag entschuldigte.

Boulevardmedien fordern Ludwig gebetsmühlenartig auf, die Reißleine zu ziehen und in Neuwahlen zu gehen. Wohl nicht ganz uneigennützig, würden dann doch wieder fette Einnahmen aus Wahlkampf-Inseraten sprudeln.

Doch die SPÖ scheint ihnen partout nicht diesen Gefallen machen zu wollen. Vielmehr gibt man sich auch nach den jüngsten Attacken der Grünen betont gelassen: „Es ist legitim, dass auch der Koalitionspartner eigenständige Positionen formuliert“, gibt sich ein Sprecher der Wiener SPÖ bemerkenswert milde. „Das ändert aber nichts an unserer konsequenten Haltung, was unsere Positionen angeht.“

Duftmarken

In SPÖ-Kreisen ortet man hinter den jüngsten Vorstößen der Grünen zwei Gründe: Wochenlang dominierte die Neuaufstellung der Wiener SPÖ unter Ludwig die öffentliche Wahrnehmung. Nun setzen die Grünen eigene Duftmarken, um selbst wieder etwas mehr Aufmerksamkeit zu bekommen. Zudem würden sich nach roter Lesart einige grüne Spitzenfunktionäre im Ringen um eine mögliche Ablöse von Vassilakou bemüßigt fühlen, sich gegenüber den Parteifreunden stärker zu profilieren.

„Ich gehe davon aus, dass wegen der jüngsten Landesversammlung der Grünen so viel Dampf gemacht wurde“, sagt Ernst Nevrivy, SPÖ Bezirksvorsteher in der Donaustadt. Ohne namentlich genannt worden zu sein, war der Befürworter des Lobautunnels einer der Adressaten von Kovacs’ Breitseite. „Das war eine Wahlrede für ihn selbst. Aber solange die Grünen nur reden und nichts gegen den Tunnel unternehmen, ist das kein Problem.“

Viel mehr bleibt Nevrivy und Genossen auch nicht übrig. Trotz leichter Zuwächse in den Umfragen ist die Wiener SPÖ derzeit erst bedingt wahlkampfbereit. Laut jüngsten Erhebungen könnte eine Wahl sogar mit einer türkis-blauen Mehrheit enden. Die Grünen können sich in ihrer Orientierungsphase erst recht keine Neuwahlen leisten. Daher haben sie Ludwig auch geschlossen im Gemeinderat zum Bürgermeister mitgewählt.

Somit dient das jüngste Getöse vor allem dazu, seine eigenen Sympathisanten bei der Stange zu halten.

Kommentare