Rezepte gegen den Ärztemangel in Wien

Rezepte gegen den Ärztemangel in Wien
In manchen Bezirken bleiben immer mehr Kassenstellen unbesetzt. Wie die Stadt gegensteuern will.

Überfüllte Wartezimmer und stundenlange Wartezeiten gerade zu Beginn der Erkältungssaison beweisen es: Wien hat ein Problem bei der medizinischen Versorgung außerhalb der Spitäler. Das sehen auch die Teilnehmer der aktuellen KURIER-Bezirksumfrage so (siehe unten).

Rezepte gegen den Ärztemangel in Wien

Massive Engpässe gibt es vor allem bei den Ärzten mit Kassenvertrag. In den wichtigsten Fächern sank ihre Zahl in den vergangenen Jahren, obwohl die Wiener Bevölkerung deutlich zunahm. Beispiel Allgemeinmediziner: 2018 gab es in Wien 737 mit Kassenvertrag, während es 2010 noch 807 waren. Ähnlich die Situation bei den Kassen-Kinderärzten: Hier ging die Zahl von 91 auf aktuell 84 zurück, zeigen Daten der Wiener Ärztekammer. „Insgesamt müssen 100 Ärzte weniger 200.000 Menschen mehr versorgen“, rechnet Vizepräsident Johannes Steinhart vor.

Rezepte gegen den Ärztemangel in Wien

Johannes Steinhart

Immer schwerer wird es, bestehende Kassenstellen nachzubesetzen, die wegen Pensionierungen frei werden: Im Oktober 2019 gab es 15 offene Allgemeinmediziner-Stellen und zehn bei den Kinderarzt-Ordinationen.

Laut Kammer besonders heikel sei die Lage derzeit in Liesing und Favoriten, aber auch in den Innenstadt-Bezirken Wieden und Margareten. „In diesen Bezirken ist es schwierig, eine leistbare Immobilie für eine Ordinationsgründung zu bekommen“, sagt ein Sprecher der Ärztekammer.

Umbauten

Zur Erklärung: Oft sieht sich ein Arzt, der einen Kassenvertrag übernimmt, gezwungen, eine Ordination neu zu gründen, weil die Übernahme der bestehenden Praxis nicht oder nur nach großen Umbauten möglich ist. Meist geht es dabei um die Herstellung der Barrierefreiheit, die früher kein Thema war.

Zwar gebe es mittlerweile Fördergelder für die Gründung von Kassen-Ordinationen, dennoch würden sich nicht genug Ärzte finden, beklagt man bei der Kammer.

Seitens der Stadt verweist man auf eine Reihe von Maßnahmen in den vergangenen Monaten, um für eine bessere medizinische Versorgung zu sorgen. So wurde im März beschlossen, dass es in Wien bis 2025 rund 400 zusätzliche Ärzte für den ambulanten Bereich geben soll. Weiters 36 Primärversorgungseinheiten (Zentren mit mehreren Allgemeinmedizinern), von denen es derzeit erst drei gibt.

Neu ist auch ein Diabetes-Zentrum in Favoriten, das 2020 entstehen soll. Dabei handelt es sich um ein ausgelagertes Ambulatorium der Rudolfstiftung und des SMZ Süd, das bis zu 8.000 Patienten pro Jahr versorgen soll.

Erstversorgungsambulanzen

Die Spitalsambulanzen entlasten sollen die geplanten Erstversorgungsambulanzen, die ebenfalls ab kommenden Jahr in den städtischen Spitälern entstehen sollen. Künftig werden hier alle Patienten (ausgenommen Notfälle) empfangen und begutachtet. Sie werden entweder vor Ort behandelt, in eine Arztpraxis geschickt oder im Spital aufgenommen.

„Es ist klar, dass das Modell Allgemeinmedizin weiterentwickelt werden muss“, sagt Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ). „Das betrifft die Universitäten genauso wie die Spitalsbetreiber und die Ärztekammer. Nur gemeinsam können wir diesen Beruf den Bedürfnissen der Patienten gemäß gestalten. Deswegen forciere ich auch die Erstversorgungsambulanzen.“

Hacker befürchtet Verschlechterung der Vermittlungsquote

Peter Hacker

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