Dabei handelt es sich aber nur um eine Option, Radfahrer können auch genauso wie bisher warten, bis die Ampel auf Grün umschaltet, um weiterzufahren. Unabhängig davon, ob man bei Rot oder Grün nach rechts abbiegt – anhalten muss man. „Ein Halt ist bei der neuen Regel zwingend vorgeschrieben, man muss immer ein Auge auf die Fußgänger haben“, heißt es vom ÖAMTC.
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Verwirrung um Regeln
Diese Regelungen sorgen bei manchen Radfahrern für Verwirrung: „Für Leute, die sich auskennen, ist die neue Regel super. Ich befürchte aber, dass das die wenigsten verfolgt haben“, sagt ein älterer Mann, der ebenfalls an der Kreuzung Hernalser Gürtel/Kinderspitalgasse wartet.
Bereits vergangenen Oktober, unmittelbar nach Inkrafttreten der neuen Straßenverkehrsordnung, hatte Wien das Rechtsabbiegen bei Rotlicht an zehn Orten ermöglicht und nun weiter ausgeweitet.
„Gemeinsam mit dem Ausbau der Radwege, in den wir auch heuer wieder mehr als 25 Millionen Euro investieren, macht das Rechtsabbiegen bei Rot das Radfahren in Wien noch attraktiver, denn es verringert Wartezeiten und sorgt für ein zügiges Vorankommen“, sagt Mobilitätsstadträtin Ulli Sima. Ausgewählt wurden dafür insbesondere Kreuzungen, wo vor und nach dem Abbiegen Radwege oder Radfahrstreifen vorhanden sind.
Wie etwa beim Gürtel-Radweg, der die Ottakringer Straße kreuzt. Auch hier hängt neben der Ampelanlage ein Schild mit einem grünen Pfeil. „Ich finde es super, dass es jetzt diese Möglichkeit gibt, rechts abzubiegen. Es ist simpel und beschleunigt das Radfahren. In anderen Ländern ist das schon lange normal“, schildert Brigitta R., die Mittwochfrüh an der Kreuzung wartet.
Andere Länder als Vorbild
In den Niederlanden ist das Rechtsabbiegen bei Rot für Radfahrer bereits seit 1991 erlaubt, Frankreich hat es nach Pilotprojekten im Jahr 2015 eingeführt. Auch in Dänemark hängen mittlerweile an Ampelanlagen Schilder mit einem grünen Pfeil. Nach einer Testphase kam man auch hier zu dem Schluss, dass kein erhöhtes Unfallrisiko besteht.
Auch in Österreich sprechen sich Verkehrsexperten des VCÖ für die Regel aus. „Durch diese Maßnahme gibt es keine unnötigen Wartezeiten. Radfahrer haben auch einen besseren Überblick im Straßenverkehr und sind viel wendiger als Pkw-Lenker“, sagt VCÖ-Sprecher Christian Gratzer. Das Fahrrad sei außerdem nicht mit der Masse eines Kraftfahrzeugs zu vergleichen, das für Fußgänger eher eine Bedrohung darstelle.
➤ Warum Rechtsabbiegen bei Rot nicht funktioniert
„Außerdem muss man sagen, dass Ampelanlagen grundsätzlich eher auf den Kfz-Verkehr ausgerichtet sind. Es ist sinnvoll, wenn man die Radfahrer da teilweise entkoppelt“, sagt Gratzer.
Die Einführung des teilweise legitimen Rechtsabbiegens könnte auch die Unfälle reduzieren. Wie eine Studie des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV) zeigt, ist die Rotlicht-Missachtung die zweithäufigste Unfallursache in Österreich. Vor allem Radfahrer und E-Scooter-Lenker ignorieren häufig rote Ampeln.
Laut dem KFV wird in Österreich pro Sekunde viermal eine rote Ampel überfahren. 2022 führte das KFV zudem Verhaltensbeobachtungen durch: Von den 81.000 beobachteten Verkehrsteilnehmern überquerten fast 5.000 Personen die Kreuzung trotz roter Ampel. Dafür können hohe Strafen anfallen.
Das weiß auch Ali, der für den Lieferdienst „Foodora“ arbeitet und am Mittwoch am Gürtel-Radweg unterwegs ist. „Mein Kollege hat genau deswegen letzte Woche 70 Euro gezahlt. Gerade für Lieferdienste finde ich diese neue Regel gut, da wir jeden Tag stundenlang radfahren.“
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