"Rechte und Linke brauchen den Akademikerball als Symbol"

Politologe Peter Filzmaier
Politologen analysieren die Strategien und Ziele der Demonstranten.

"Wollte man es zynisch zugespitzt ausdrücken, könnte man sagen: Gäbe es den Akademikerball nicht, müssten ihn die Rechten und die Linken erfinden", schildert Politologe Peter Filzmaier. In der Tat: Jahr für Jahr ist der Ball eine Chance für beide Seiten, für Aufsehen zu sorgen. Doch was bewirken die Demonstrationen, abgesehen vom Chaos in der Innenstadt?

Die Demo-Organisatoren des Linksbündnisses "Offensive gegen Rechts" (OGR) sind von der Notwendigkeit der Proteste naturgemäß überzeugt. "Im Sommer wurden linke Positionen prominenter wahrgenommen. Die linke Stimmung ist immer noch da – sie wurde nur in die Unsichtbarkeit gedrängt", sagt OGR-Sprecherin Käthe Lichtner. Daher sei es nötig, ein Zeichen zu setzen: "Die Demo bringt uns wieder in Schwung. Die Menschen sehen, dass sie mit ihrer Meinung nicht alleine sind."

"Rechte und Linke brauchen den Akademikerball als Symbol"
Auch Politologe Thomas Hofer bestätigt, dass viele Themen – etwa die Flüchtlingsfrage – gegenwärtig polarisieren: "Es gibt einen Spalt in der Gesellschaft. Derzeit gibt es kaum noch Platz für Zwischentöne, die wohl richtiger wären."

Eine aufgeheizte Stimmung also, in der jeder seine Standpunkte möglichst nachdrücklich vertreten möchte. Doch geht die Rechnung auf? "Grundsätzlich wollen beide Seiten in erster Linie emotionalisieren", schildert Hofer. Auch Filzmaier bestätigt: Der Ball sei für links wie rechts "das bestmögliche Symbol", um ihre jeweiligen Standpunkte zu präsentieren. "Stellen Sie sich vor, sie verlieren dieses Symbol – sie brauchen das." Nachsatz: "Und das Medienecho ist garantiert."

"Krawalle lenken ab"

Indes: "Sollten die Demonstrationen ausarten, schadet man der eigenen Sache", warnt Hofer. Etwaige Ausschreitungen seien für die Anliegen der Linken kontraproduktiv: "Krawalle lenken von der Frage ab, wes Geistes Kind der Ball ist."

Zudem konnten die Demonstranten ihr vorrangiges Ziel – die Vertreibung der Burschenschafter aus der Hofburg – bisher nicht erreichen. "Für die Klärung dieser Frage ist es mittlerweile zu spät", erörtert Filzmaier. Eine Verlegung an einen anderen Ort hätte man bereits vor Jahren entscheiden müssen. "Mittlerweile ist die Deeskalation nicht mehr gewünscht. Jede Seite möchte nur noch zeigen, dass die jeweils andere unrecht hat."

Auch Hofer räumt ein, dass die Frage, ob der Akademikerball zukünftig weiterhin in der Hofburg stattfinden soll, schwer zu beantworten sei: "Wenn die Rechten dort weg müssen, befördert man sie wieder in die Opferrolle. Damit liefert man ihnen erneut einen Kampagnen-Anlass", gibt er zu bedenken.

Die Linken wollen jedenfalls auch in Zukunft demonstrieren: "Es ist gefährlich, wenn man denkt, die Burschenschaften werden unbedeutend – bloß weil man sie ignoriert", betont OGR-Sprecherin Lichtner.

Doch gäbe es theoretisch eine Alternative zu den Demos? Hofer etwa schlägt eine Gegenveranstaltung unter dem Motto "Botschaft der Toleranz" vor: "Damit könnte die Mitte ein Zeichen setzen", schildert er. "Es muss ja nicht so groß wie der Life Ball sein. Aber man könnte es ähnlich anlegen – mit Künstlern und anderen Prominenten, die dort zu Gast sind", umreißt Hofer die Idee. "Dann hätte man zur selben Zeit eine positiv aufgeladene Veranstaltung, zu der womöglich weit mehr Gäste kommen würden, als zum Ball in der Hofburg."

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