Rätselrallye am Hauptbahnhof

APA10579318 - 09122012 - WIEN - ÖSTERREICH: THEMENBILD - Hauptbahnhof-Wien: Zugpassagiere am Sonntag, 09. Dezember 2012, auf einem Bahnsteig des Bahnhofes. Der Hauptbahnhof Wien nimmt am 09.12.2012 seinen Teilbetrieb auf. APA-FOTO: HERBERT NEUBAUER
Pendler irrten bei der Feuertaufe des Prestige-Projektes auf den Bahnsteigen umher.

45.000 Bahnkunden frequentieren jetzt täglich den neuen Hauptbahnhof in Wien. Doch das knapp eine Milliarde teure ÖBB-Prestigeprojekt ging Sonntag nur in Teilbetrieb (mehr dazu hier) und ersetzt den zum Abriss freigegebenen Ostbahnhof. „Die ÖBB haben immer nur von einer Teilinbetriebnahme gesprochen. Natürlich muss sich bei unseren Fahrgästen noch vieles einspielen“, kommentiert Unternehmenssprecher Herbert Ofner das Info-Defizit von Montagfrüh.

Das Hauptbahnhof-Provisorium mit vier Bahnsteigen für Pendler und einem Gleis für durchfahrende Züge sorgte am Montag bei der Feuertaufe für Verwirrung. Beim KURIER-Lokalaugenschein irrten Hunderte Wien-Einpendler auf den Bahnsteigen sowie in der zum Teil fertiggestellten – aber ungeheizten – Bahnhofshalle umher. Wer in Eile war, hatte schlechte Karten.

Keine Orientierung

Denn die Ab-, Auf- und Zugänge zu den Öffis der Wiener Linien sowie zu den Schnellbahnen mussten erst einmal gefunden werden. So entwickelte sich der Weg zu den Schnellbahnen zur anstrengenden Rätselrallye für Tausende frierende und verärgerte Öffi-Benutzer. Grund: Um zu den S-Bahnen zu gelangen, muss man die neue Halle verlassen und um das Gebäude herumwandern. Dieser von der Bahn viel zu wenig kommunizierter Umweg bleibt bis Dezember 2014 aufrecht. Erst dann ist die Nordhalle fertiggestellt und man kann im Gebäude zu den S-Bahnen gehen. Etwa 20.000 Fahrgäste fahren am Standort pro Tag mit den Schnellbahnen weiter.

Alexander Mayer – einer von 15 sogenannten Fahrgastlenkern am Hauptbahnhof – hatte Montagfrüh alle Hände voll zu tun: „Die meisten Leute kritisieren, dass die Beschilderung schlecht ist. Und jeder geht dem anderen nach, ohne sich auszukennen. Das führt zum Chaos.“ Um diese Verwirrung zu stoppen stellten ÖBB-Mitarbeiter Dutzende Orientierungsständer auf. Zusätzlich wurde das Service-Personal aufgestockt. Doch die Verwirrung blieb.
„Mit Durchsagen erreichen wir in dieser Situation wahrscheinlich gar nichts“, war sich ÖBB-Sprecher Ofner sicher. Doch diese Option wurde nicht einmal probiert. Warum, konnte auf KURIER-Anfrage nicht beantwortet werden.

Überhasteter Start

Viele Fahrgäste sprachen von einem überhasteten Start des Hauptbahnhofs. Denn nur eine Trafik und eine Bäckerei sind für 45.000 Fahrgäste pro Tag entschieden zu wenig. ÖBB-Sprecher Ofner dazu: „Das Einkaufszentrum mit 100 Shops auf 20.000 öffnet im Herbst 2014.“

Ärger gab es auch auf der, ebenfalls am Sonntag, eröffneten West-Strecke. Denn laut ÖBB hatten am Montag zehn Express-Züge, vom Westen kommend, auf der neuen Hochgeschwindigkeitstrasse bis zu 40 Minuten Verspätung. Wobei allerdings ein Zug – von Amstetten kommend – wegen eines Maschinenschadens ausfiel. Hunderte Passagiere mussten auf Regionalzüge umsteigen.

Der Auslöser der Verspätungen liegt in der anspruchsvollen Technik der West-Route. Denn das hohe Tempo von bis zu 230 km/h ist nur mit dem Zugsicherungssystem ETCS (European Train Controll System) möglich. Und damit sind noch nicht alle eingesetzten Loks ausgerüstet. Sogar einige ICE der Deutschen Bahn werden noch nachgerüstet. Ohne ETCS müssen diese Züge die alte Strecke um den Wienerwald befahren. Bis Ende 2012 ist die technische Aufrüstung abgeschlossen.

Probleme gab es Montagfrüh auch von Krems/Donau zum Franz-Josefs-Bahnhof in Wien. Der Regionalexpress um 7. 26 Uhr, der um 8 Uhr 31 in Wien hätte sein sollen, kam kurz vor 9 Uhr an. Grund dafür war ein Defekt. Der Zug musste zurück nach Krems, die Fahrgäste umsteigen.
Und heftige Kritik erntet die Einstellung des täglichen Kurses WienGraz um 21.25 Uhr. Diese Verbindung wurde ersatzlos gestrichen.

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