Prozess: "Weihnachtsmann" stach auf 55-Jährigen ein

Prozess Wien Weihnachtsmann
Ein ehemaliger Fiaker verletzte einen 55-Jährigen im Sigmund-Freund-Park schwer. Nun ist er wegen Mordversuchs angeklagt.

Der Mann, der Montag Früh in den Verhandlungssaal gebracht wird, hat sich aufgrund seines Aussehens den Spitznamen "Weihnachtsmann" in der Justizanstalt erworben. Sein weißer Rauschebart fällt auch am Montag ins Gesicht.

Das Fiaker-Milieu

Der 60-jährige Wiener hat ein bewegtes Leben hinter sich. Erst betreute er als Sozialarbeiter Kinder, er ist gelernter Fliesenleger. Später war er auch als Fiaker in Wien unterwegs. "Aber das Fiakermilieu ist schon teilweise kriminell", sagt er. Zuletzt war er arbeitslos.

An einem lauschigen Sommerabend im Juli 2024 traf er im Sigmund-Freud-Park in Wien-Alsergrund einen Freund. Zum Plaudern - über Gott und die Welt.

Zuvor hatte er eine Flasche Wein bei Wein & Co besorgt. Doch der Abend nahm eine tragische Wende. Nun ist der Mann wegen Mordversuchs angeklagt.

"Wir hatten gute Laune, haben herumgeblödelt", erinnert sich der Angeklagte. Eine junge Frau sei sogar zu den Männern gekommen, wollte ein Video der beiden auf Tiktok veröffentlichen. "10 Minuten später hat das Drama begonnen", erzählt der Mann mit Bart (vertreten von Rechtsanwältin Anita Schattner).

Freund bedroht

Ein Unbekannter sei zu den beiden gekommen, habe aggressiv auf seinen dunkelhäutigen Freund eingeredet. "Er hat ihn bedroht und attackiert", beschreibt der Angeklagte. Nachsatz: "Aber ernsthaft." Er habe den Mann beiseite schieben wollen. Doch die Situation eskalierte. Aus einer Schieberei wurde schließlich eine Schlägerei. Mehrmals ging der fremde Mann zu Boden. "Aber er ist immer wieder aufgesprungen und auf mich los." 

Schließlich habe er einen Judo-Wurf angewandt. "Ich war ja Judo-Kämpfer, habe den braunen Gürtel. Das hätte ich gleich machen sollen", erzählt der Angeklagte.

Danach hätte er sich mit seinem Freund entfernt, doch erneut sei das Opfer auf die beiden zugekommen. "Ich war mit den Nerven fertig, die Kondition hat mich schon verlassen gehabt", sagt der 60-Jährige. "Dann habe ich falsch reagiert, das Messer aus der Tasche genommen und aufgeklappt."

Das Opfer, ein 55-jähriger Rumäne, erlitt insgesamt fünf Stiche in den Oberkörper, einer davon verfehlte das Herz nur knapp.

Polizei veröffentlichte Foto aus Tiktok-Video

Der Messerstecher tauchte danach unter. Doch nachdem die Polizei mit den Bildern aus der Tiktok-Aufnahme nach ihm fahndete, stellte er sich selbst. "Ich musste vorher nachdenken", erklärt der Mann im Gericht und beteuert: "Ich wollte ihn nicht schwer verletzen." 

Das Messer habe er aus "alter Gewohnheit" dabei gehabt. "Aus Zeiten als Fiaker, wenn das Pferd gestürzt ist. Dann hast du die Lederriemen abschneiden müssen."

Die Richterin hat Fragen. "Warum schlagen sich zwei ältere Herren vor der Votivkirche? Einer 60, der andere 55?" "Ich wollte ja nur, dass er aufhört", sagt der Angeklagte. "Aber das Opfer war so aggressiv."

Ein 24-jähriger Zeuge kann das nicht bestätigen. Er saß mit Freunden in der Wiese, das Opfer setzte sich dazu, plauderte in allen möglichen Sprachen mit den jungen Leuten. "Ich war dann kurz am Klo. Als ich zurückgekommen bin, hab ich gehört, dass es eine Schlägerei gegeben hat. Den Grund für die Auseinandersetzung habe ich bis heute nicht verstanden."

Der junge Mann schildert aber auch, dass das spätere Opfer immer wieder auf den Angeklagte zugegangen ist. "Mehrere Leute haben versucht, dazwischen zu gehen."

Die Geschworenen verneinten die Anklage und entschieden auf schwere Körperverletzung. Ihre Entscheidung wurde von den Berufsrichtern nicht akzeptiert. Daher wurde das Urteil ausgesetzt.

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