Protest gegen Hausarzt-Zentren

Gesundheitszentrum Mariahilfer Straße
Kammer lädt zum "Krisengipfel" ins Museumsquartier. Sorge um Übernahme durch Konzerne.

Menschen in weißen Mänteln werden am Mittwoch wieder einmal vermehrt in der Wiener Innenstadt anzutreffen sein. Die Ärztekammer lädt zu einem "Krisengipfel" im Museumsquartier. 1000 Ärzte werden erwartet.

Anlass der Großveranstaltung mitten im Ärztekammer-Wahlkampf ist das von der Regierung geplante Gesetz, das die Primärversorgung neu aufstellen soll. Künftig sollen sich Hausärzte in Zentren oder Netzwerken zusammenschließen und enger mit dem Pflegepersonal kooperieren. Die Patienten sollen unter anderem von großzügigeren Öffnungszeiten profitieren.

Wiens Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres befürchtet, dass solche Zentren die klassischen Hausärzte verdrängen werden. "Sie sind aber sehr beliebt, garantieren sie doch für eine wohnortnahe Versorgung. Bei Zentren mit mehreren Ärzten hat der Patient auch immer einen anderen Ansprechpartner."

Die geplanten Zentren könnten zudem von privaten Konzernen übernommen werden, fürchtet Szekeres "Wir haben jetzt schon Labors, die an englische Fonds weiterverkauft wurden. Ich frage mich, ob das erstrebenswert ist. Denn Konzerne haben vor allem ein Interesse: Möglichst viel Gewinn zu machen."

Zwar sieht der Gesetzesentwurf vor, dass keine "die Versorgungssituation beherrschenden Eigentümerstrukturen entstehen" sollen, für Szekeres ist dies aber "eine zu weiche Formulierung, die nicht ausreicht".

Verträge

Präzisierungen wünscht sich der Kammer-Chef auch bei den vertraglichen Regelungen. "Der Entwurf sieht zwar einen Gesamtvertrag vor, aber das ist ebenfalls sehr unkonkret formuliert." Szekeres kritisiert vor allem, dass die Verträge von einzelnen Ärzten mit den Kassen künftig leichter gekündigt werden können, wenn in der gleichen Region eine Primärversorgungseinheit gegründet wird. "Damit ist ihre Existenz bedroht. Sie werden dazu gezwungen, selbst eine Anstellung in einem Zentrum anzunehmen."

"Die Ärztekammer malt den Teufel an die Wand", sagt Gesundheitsökonom Ernest Pichlbauer. "Das Gesetz ist so formuliert, dass kein Investor ein Interesse haben wird, ein solches Zentrum zu errichten." Neue Stellen in den Zentren könnten immer nur dann entstehen, wenn bestehende Kassenordi-Stellen frei würden. "Ein Investor müsste also einen sehr langfristigen Businessplan haben, zumal er sicher nicht ein einzelnes Zentrum, sondern gleich mehrere betreiben wird wollen."

Eine einfachere Kündigungsmöglichkeit für Ärzte kann Pichlbauer aus dem Entwurf nicht herauslesen. "Es gilt der gleiche Schutz wie bisher." Und der Patient könne auch in einem Zentrum "seinen" Hausarzt konsultieren.

Der Experte ist überzeugt: "Hausärzte, die ihren Job ernst nehmen, werden schnell erkennen, dass diese Art zu arbeiten sehr vorteilhaft ist. Im Gegensatz zum bisherigen System, wo man 200 Patienten pro Tag abfertigen muss und nicht mit Kollegen und der Pflege eng abgestimmt ist."

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