Praterstraße: Zwischen Handyshops und Szenelokalen
Drei Jahre lang ist er immer auf dem Weg zur Arbeit daran vorbeigegangen. An dem kleinen Lokal in dem Gebäude mit der schönen Fassade und dem netten Platz davor. Das Haus heißt "Zum Jonas", auf dem Platz davor steht ein Johann (Nestroy nämlich) und betrieben wird das Lokal in der Praterstraße 19 seit Kurzem von einem Gabriel. Gabriel Alaev nämlich.
Der 30-jährige Sohn eines Usbeken und einer Mistelbacherin hat dort sein Restaurant "Ramasuri" eröffnet. Für alle, die es nicht wissen: Als Ramasuri bezeichnet man einen Wirbel, ein Durcheinander, ein Chaos. Durcheinander sind in dem Lokal aber maximal die Farben (jene der Speisen genauso wie die der Graffiti an den Wänden oder die bunt zusammengewürfelten Schanigarten-Möbel) – und manchmal auch der Chef. "Zumindest hat eine Freundin gesagt, ein Ramasuri, das passt so gut zu mir."
Charmant absurd
Warum sich Alaev für genau dieses Geschäftslokal entschied? "Das Gebäude ist mir ins Auge gesprungen", erzählt der 30-Jährige. "Mit dem Schanigarten und dem Nestroy davor. Überhaupt die Gegend hier. Ich liebe die Leopoldstadt", sagt Alaev. Hier ist er aufgewachsen, hier wohnt er noch heute.
Mit der Adresse seines Lokals gesellt sich das "Ramasuri" zu bekannten Größen im Grätzel: Ansari, o.m.k. und Mochi. "Vom Sofitel bis hierher hat sich die Praterstraße gut entwickelt. Aber sie wurde immer so ein bissl auf die Seite geschoben", sagt Alaev.
Die Praterstraße, der einstige Prachtboulevard, ist heute "eine absurde Ansammlung an Geschäften", sagt Andreas Höller, der gemeinsam mit Florian Kaps das "Supersense" in der Nummer 70 betreibt. Auf der Praterstraße gibt es Handyshops, ziemlich viele Frisöre, noch mehr Asia-Restaurants, zwei Radgeschäfte, aber eben auch Leerstände.
"In letzter Zeit haben sich einige Szenelokale angesiedelt", sagt Robert Zlabinger, der seit 40 Jahren im ältesten Radgeschäft der Straße –Radsport Rih – arbeitet. "Aber eine richtige Einkaufstraße wird aus der Praterstraße sowieso nicht mehr."
Vor ziemlich genau zwei Jahren eröffneten Kaps und Höller das "Supersense", das sich ganz dem analogen Leben verschrieben hat. Hier gibt es Polaroid-Filme und Linolschnitte, die Musik kommt vom Plattenspieler, der Shop grenzt an ein Café und das alles in denkmalgeschützten Räumen mit Gold und Stuck. "Diese Location gibt es nur ein Mal in Wien", sagt Höller.
Hippe Mischung
Einige Häuser weiter betreibt Otto Bayer die Kaffeebar "Balthasar". Der Tiroler, der vor zwei Jahren sein Lokal in Wien eröffnete, sei anfangs "unbedarft" gewesen: "Ich hab’ damals ja nicht gewusst, welcher Bezirk hipp ist. Aber als ich dann da war, hat es mir richtig gut gefallen. So viele unterschiedliche Kulturen, Religionen und Leute – das hat mich sehr gereizt."
"Ab dem Balthasar ist die Praterstraße sehr grau", sagt der neue Szenewirt Gabriel Alaev, der findet, die Straße solle ein bisschen so werden, wie seine Küche: bunt.
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