"Nie wieder allein in Neuwaldegg"

Alleine muss jetzt Inspektorin Natascha Cejka nicht mehr in den Einsatz gehen. Die Bürgerinnen in Hernals freuen sich über den persönlichen Kontakt
Die Beamten machten gute Erfahrungen mit ersten Zusammenlegungen von Polizeiinspektionen.

Ich bin so glücklich, dass ich nie wieder alleine auf einer Polizeiinspektion bin." Die Polizeiinspektorin Natascha Cejka ist ein überzeugter Fan der laufenden Polizeireform, bei der zwar 22 kleine Polizeiinspektionen geschlossen werden – wodurch aber auf den entstehenden größeren Dienststellen nach den Intentionen der Planer bessere Arbeitsbedingungen herrschen sollen.

Cejka machte früher Dienst in der Polizeiinspektion Neuwaldegger Straße in Wien-Hernals. Das ist jene Polizeiinspektion, deren Schließung den größten Widerstand lokaler Politiker hervorrief. Die Sicherheit der Bevölkerung wäre dadurch in Gefahr, hieß es.

Raubüberfall

Cejka tut nach einem Déjà-vu-Erlebnis in der Neuwaldegger Straße die Schließung der Inspektion nicht leid. Denn eines Tages passierte direkt vor der Inspektion ein Raubüberfall. Cejka war alleine auf der Dienststelle – und durfte diese nicht verlassen. Der Funkwagen war wegen Personalmangels unbesetzt. Und so musste sie mit dem Raubopfer warten, bis aus einem anderen Bezirk Hilfe kam. In so einer Situation werden Minuten zu Stunden.

Ihre Inspektion gehört zu den ersten vier, die nach der Verkündigung der Reform aufgelöst wurden. Jetzt macht sie Dienst in der etwa zwei Kilometer entfernten Halirschgasse mit insgesamt 43 Kollegen. Die Polizeiinspektion Halirschgasse wurde um neun "Neuwaldegger" aufgestockt. Jeder bekam sofort einen ordentlichen Arbeitsplatz mit Computer zugewiesen.

PI-Kommandant Johann Einreiner freut sich über den Zuwachs. Denn mit so einem hohen Personalstand kann leichter disponiert werden. Und der Funkwagen, der früher in der Neuwaldegger Straße nur stundenweise besetzt war, ist jetzt rund um die Uhr unterwegs – natürlich im alten Einsatzgebiet.

Paula 300

"Nie wieder allein in Neuwaldegg"
Polizeireform
Zusätzlich konnte der Chefinspektor eine Fußtreife auf die Beine stellen. "Paula 300" ist das Funkkürzel für das Team, das jetzt rund um die Uhr durch die Neuwaldegger Straße streift. Der KURIER war dabei. Und es zeigte sich, dass solcherart der von der Bevölkerung gewünschte persönliche Kontakt tatsächlich hergestellt werden kann. "Wir werden auch heute von den Menschen noch auf die Schließung der Neuwaldegger Straße angesprochen," erzählt Cejka. Aber es geht nun vermehrt um andere Themen.

Bei einem Kinderspielplatz stößt die Inspektorin mit ihrem Kollegen auf drei ältere, aber jung gebliebene Damen, die von seltsamen Umtrieben in den nahen Weingärten erzählen. Offenbar sind da gut organisierte Feldfruchtdiebe am Werk. Wären sie mit dem Streifenwagen vorbeigefahren, hätten sie diese Information nicht bekommen.

Positiv sehen es auch die Beamten Christian K. und Gerfried M. von der Kriminalgruppe. Diese Gruppe besteht jetzt aus sechs Beamten, was die Einteilung zur Streifentätigkeit und die Schwergewichtsbildung sehr erleichtert.

Bedenken

Polizeigewerkschafter Harald Segall freut sich, dass die Kollegen mit den ersten Zusammenlegungen so gute Erfahrungen gemacht haben. Er sieht aber dennoch düstere Wolken auf das Projekt zukommen. Denn für die ersten Kollegen seien ausreichende Ersatzquartiere zur Verfügung gestanden. Als Nächstes zur Schließung käme nun aber die Polizeiinspektion Schmerlingplatz in der City an die Reihe. Und für diese Kollegen gebe es bis jetzt weder entsprechende Mietverträge für die neuen Quartiere und auch keine baulichen Anpassungen. Angesichts der geplanten Neubauten sei es bis zum Abschluss des gesamten Projektes wohl eine "Generationenfrage".

Der Anstoß kam von Rechnungshof: Im Vergleich zur Struktur der Stadt München hat Wien einfach zu viele Polizeiinspektionen. Das kostet Geld und bindet unnötig Personal.

Die Dienststellenstruktur Wiens geht zurück auf die 70er-Jahre. Damals gab es noch kein Handy, viele Bürger suchten im Wachzimmer Hilfe. Der Rechnungshof zog den Vergleich mit München, weil dieses von der Lage und der Einwohnerzahl die am ehesten vergleichbare Stadt sei. Während die Münchner Polizei mit 25 Dienststellen das Auslangen findet, gab es in Wien 96. Die Verwaltung von Polizeiwachzimmern bindet Personal, das nicht auf der Straße eingesetzt werden kann. Laut Rechnungshof könnte die Wiener Polizei nach dem Münchner System 265 Beamte mehr für den Außendienst einsetzen. Daher stellten die Prüfer die Forderung, die Wiener Dienststellen zu einer Zentralinspektion pro Bezirk zusammenzufassen. Das hätte einen Kahlschlag von 96 auf 23 bedeutet.

Dieser Ansatz war für Wiens Polizeipräsident Gerhard Pürstl dann aber doch zu radikal. Er setzte eine Reformgruppe ein. Das Ergebnis: 22 kleine Dienststellen werden mit größeren Posten zusammengelegt, dafür werden aber in den Stadterneuerungsgebieten im Osten sechs neue Polizeiinspektionen geschaffen.

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