"Pokémon-Spielen vereint eben"
"Pokémon ist saugeil", sagt Florian Fischer. Der 18-Jährige spaziert durch das Wiener MuseumsQuartier, hält sein Handy auf einem halben Meter Abstand zu seinem Körper und wischt aufgeregt auf dem Bildschirm herum. Das hat einen einfachen Grund: Florian hat ein Pokémon entdeckt. "Aber es ist nur ein Taubsi", sagt er. Die Enttäuschung steht ihm ins Gesicht geschrieben.
Kampf in der Arena
"Beim Naturhistorischen ist eine Arena, geh’ ma dorthin", sagt Eo Lin. Er hat die Handy-App am Dienstag dieser Woche heruntergeladen und befindet sich jetzt in Level 5. Da darf er schon in Arenen wie jener vor dem Naturhistorischen Museum kämpfen, und zwar für Team Rot (Wagemut), Blau (Weisheit) oder Gelb (Intuition). Im Team müssen die Arenen erobert und gegen andere Teams verteidigt werden.
Eier ausbrüten
"Wah, ich habe gerade drei Pokémon verloren!", schreit Florian. "Du hast ja auch noch keine guten. Dass du da diese Arena angreifst, ergibt überhaupt keinen Sinn", kontert Monika. Die 26-jährige Informatik-Studentin ist mit dem Fahrrad auf Pokémon-Jagd. Ihr Handy hat sie in einer Halterung an der Lenkstange angebracht. "Ich muss ja Eier ausbrüten", argumentiert sie.
Während Monika ihr Ei ausbrüten fährt, richtet Eo vor dem Kunsthistorischen Museum einen sogenannten "Pokéstop" ein und sendet virtuell einen Duftstoff aus. Das soll andere Pokémon anlocken. "Es werden dadurch aber auch andere Spieler hierherkommen", prophezeit Eo. Er behält Recht.
Keine fünf Minuten dauert es, bis ein junger Mann mit seinem KTM-Fahrrad vorfährt. Raphael heißt er, und ist 20 Jahre alt. Auch er jagt die Monster mittlerweile per Fahrrad: Sein Smartphone samt Power-Ladestation hat Raphael in einer regenfesten Tasche an sein Rad gebunden. Nachdem er ein "Rattfratz"-Pokémon eingefangen hat, reißt er plötzlich seine Arme in die Höhe und ruft "Yeeeaah, Pokémon!" Raphael hat eine Gruppe von vier jungen Männern entdeckt, die ebenfalls auf dem Weg zum Pokéstop sind. Raphael hat die vier schon zuvor gesehen, da waren sie nahe des Rings auf Monsterjagd unterwegs.
Doch der Duftstoff verliert seinen Reiz, als Monika von ihrer kleinen Radtour zurückkehrt und verkündet, einen "Pikachu" ausgebrütet zu haben. "Was? Echt? Ein Pikachu? Das ist so nice", sagen die anderen. Pikachu, das ist dieses sehr berühmte, gelbe Pokémon.
Soziale Komponente
Aber warum ist es so urplötzlich zu einem Hype gekommen? "Pokémon Go ist eine Mischung aus Nostalgie und körperlicher Aktivität", sagt Yves (19), der mit drei Freunden auf Monster-Jagd und zu Eos Pokéstop beim Kunsthistorischen Museum gekommen ist. "Pokémon wird die Fettleibigkeit fix ausrotten", sagt Raphael. "Es macht einfach Spaß, man trifft neue Leute und hat gleich ein Gesprächsthema mit ihnen", sagt Eo.
Dieser soziale Faktor war auch den Entwicklern der Handy-App wichtig: Die Spieler sollten nicht nur drinnen vor dem Computer sitzen, sondern hinaus gehen und sich bewegen.
Das dürfte funktionieren. Eo und Florian haben Raphael und Yves zum ersten Mal getroffen, aber gleich Handynummern ausgetauscht. Künftig wollen sie sich gemeinsam auf die Jagd machen: "Pokémon-Spielen vereint eben", sagt Yves.
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