"Pink Panther"-Bande: Fünf weitere Coups geklärt
Ein Überfall auf den Uhren- und Schmuckhändler Edmund Arnold vom 12. März in der Wiener Wollzeile war ihr Verhängnis: Jenen zwölf mutmaßlichen Mitgliedern der "Pink Panther"-Bande, die als Folge dieses Coups festgenommen worden waren, werden fünf weitere Raubüberfälle auf Juweliere in Wien und Salzburg angelastet. Das gab Innenministerin Johanna Mikl-Leitner am Donnerstag in Wien bekannt.
Einer der vier am Überfall in der Wollzeile 6-8 in der Wiener Innenstadt beteiligten Serben war unmittelbar danach festgenommen worden. Überraschenderweise habe dieser Täter schnell ein Geständnis abgelegt, sagte Oberstleutnant Robert Klug vom Landeskriminalamt Wien. Elf weitere Bandenmitglieder wanderten daraufhin ebenfalls hinter Gitter. Die Polizei habe Beute im Gesamtwert von 567.000 Euro sichergestellt, berichtete Mikl-Leitner. Die Bande habe die Uhren- und Schmuckhändler als "Selbstbedienungsläden" gesehen, sagte die Innenministerin.
Blitzschnell und ein Audi als Fluchtfahrzeug
Die "Audi-Bande", eine Teilgruppierung der "Pink Panther" bekam ihren Namen, weil sie immer im Vorfeld ihrer Überfälle Autos dieser Marke älteren Baujahrs als Fluchtfahrzeuge stahl. So geschah es auch vor dem Coup beim Wiener Innenstadt-Juwelier Edmund Arnold am 12. März in der Wollzeile, an dem nach den Erkenntnissen der Ermittler fünf Serben im Alter von 25 bis 38 beteiligt waren. Einer von ihnen war der Organisator des Unternehmens, wie Robert Klug schilderte. Er habe das Objekt ausgesucht, das Fluchtfahrzeug, in diesem Fall einen roten Audi 100, in der Nähe des Tatorts mit laufendem Motor abgestellt und den vier Komplizen die Äxte übergeben.
Der Überfall ging, wie bei der Bande üblich, blitzschnell: Einer der Täter stürmte mit einer Faustfeuerwaffe in das Geschäft und hielt die Anwesenden in Schach, während seine Komplizen mit Äxten die Vitrinen einschlugen und Uhren sowie Preziosen in Sporttaschen einpackten. Dann sprangen die Räuber in den bereitstehenden Wagen, fuhren einige hundert Meter bis in die Postgasse, stellten das Fluchtauto ab und "zerstreuten sich in verschiedene Himmelsrichtungen", erklärte Mikl-Leitner.
Festnahme brachte Stein ins Rollen
Für die Bande war es allerdings Pech, dass ein Beamter des Einsatzkommandos Cobra im Bezirk Landstraße in zivil in einer anderen Mission unterwegs war. Er hörte via Polizeifunk von dem Überfall und bemerkte tatsächlich einen der Verdächtigen auf der Flucht. Der Polizist dirigierte seine Kollegen der Wiener Einsatzgruppe Alarmabteilung (WEGA) zum Fluchtweg, bis sie den mutmaßlichen Räuber mit einem Großteil der Beute festnahmen.
Diese Festnahme brachte "den Stein ins Rollen", so Mikl-Leitner. Klug zufolge dauerte es nicht sehr lange, bis die Ermittler den Verdächtigen zu einem Geständnis bewegt hatten, das auch Angaben zu seinen mutmaßlichen Komplizen beinhaltete. Dabei halfen auch die umfassenden Vorkenntnisse der Gruppe Fichtenbauer, die in den Ermittlungen zur "Audi-Bande" schon ziemlich weit gekommen waren. Am selben Tag erwischten aufgrund dieser Informationen ungarische Polizisten einen 31-Jährigen, bevor er über die Grenze nach Serbien flüchten konnte.
Zuhause festgenommen
Auch in Wien ging es nun schnell: Die Ermittler, die aus früheren Erhebungen bereits wussten, dass die Bande ihr Hauptquartier in Ottakring hatte, fanden bei dem ersten Festgenommenen einen Fahrschein. So kamen sie auf eine Haltestelle, an der die Bande offenbar in öffentliche Verkehrsmittel einstieg. Nachforschungen führten die Fahnder letztlich zu einer Wohnung in der Mariengasse. Dort nahmen sie weitere Verdächtige fest. In Ungarn wurde ein mutmaßlicher Hehler erwischt, der logistisch tätig gewesen sein soll.
Die beiden Inhaber des Appartements wurden mittlerweile wieder auf freien Fuß gesetzt, ihnen dürfte eine Beteiligung an den Coups der "Audi-Bande" nicht nachzuweisen sein. Bei den anderen Verdächtigen, die nicht unmittelbar beim Überfall auf den Juwelier Arnold dabei waren, soll es sich um Bestimmungstäter handeln.
Die in Haft befindlichen Personen legten Teilgeständnisse ab. Der Gruppe werden seit 2012 neben dem jüngsten Überfall fünf weitere Raubzüge zugeschrieben: zwei beim Juwelier Theurer in Landstraße, einer beim Uhren- und Schmuckhändler Böhnel auf der Mariahilfer Straße in Neubau, einer auf der Hernalser Hauptstraße beim Juwelier Elif, wo die Täter die Geschäftsinhaber sofort mit den Äxten attackierten und einer beim Salzburger Preziosenhändler Nadler. Der Gesamtschaden beträgt laut Mikl-Leitner 567.000 Euro.
"Motorrad-Gang" noch in Österreich aktiv
Nach den Erkenntnissen der Ermittler ist aber zumindest noch eine weitere "Pink Panther"-Gruppe in Österreich aktiv. Diese benutzt bei der Flucht gerne Motorräder und dürfte nicht zuletzt aufgrund der Witterung derzeit weniger aktiv sein. Auch ein letztlich misslungener Überfall im Dezember auf dem Stephansplatz wird "Pink Panthern" zugeschrieben. Ein Passant hatte einem der Täter die Beute abgenommen.
Laut Klug sind von 32 Juwelier-Überfällen in den Jahren 2012 und 2013 insgesamt 21 geklärt. Von den elf ungeklärten dürften fünf bis sechs auf das Konto des Räuber-Netzwerks gehen. Wie der Leiter des Ermittlungsbereichs des Wiener Landeskriminalamts, Michael Mimra, sagte, dürfte es zwar keine straffe Gliederung von der Spitze bis zum letzten Mitarbeiter bei den "Pink Panthern" geben. Aber: "Es gibt Zellen, und es steckt ein System dahinter", erklärte der Ermittler.
Weltweit dürften 150 bis 180 Überfälle auf das Konto der "Raubkatzen" gehen. Die Drahtzieher im Hintergrund agieren demnach von Serbien aus. Durch internationale Kooperation versuchen die Ermittler, ihnen auf die Schliche zu kommen. So findet im kommenden Monat in Wien eine "Pink Panther"-Konferenz statt, bei der die Erkenntnisse der Ermittler verschiedener Länder abgeglichen werden sollen.
Sie haben eine Vorliebe für Luxusgegenstände, die bei Juwelieren verkauft werden. Sie stammen großteils aus Städten in Serbien und Montenegro. Und sie sind weltweit tätig: Von Japan bis in die USA jagen Ermittler die Mitglieder der Räuberbande "Pink Panther". 200 oder mehr von ihnen soll es geben.
Die Legende um die Bande vom Balkan begann nach einem Bericht der Nachrichtenagentur apn vor sieben Jahren mit einer Cremedose. Milan Jovetic war an einem Überfall auf den Juwelier Graff in der Bond Street in London beteiligt, bei dem Diamanten im Wert von 23 Millionen Euro den Besitzer wechselten. Als er ein paar Tage später gefasst wurde, fand Scotland Yard einen rund 800.000 Euro teuren Diamantring. Versteckt war das gute Stück in einer Cremedose seiner Freundin - genau wie im Blake-Edwards-Film "Der rosarote Panther" von 1963, dem ersten der Pink-Panther-Reihe.
Auftragstäter
Der Bande ist laut einem österreichischen Ermittler "eine gewisse Professionalität nicht abzusprechen". Ihre Coups gehen meist blitzschnell: Die Täter gehen in das Geschäft, drängen die Verkäufer in den hinteren Bereich und halten sie dort in Schach. Unterdessen werden Vitrinen und Schaufenster ausgeräumt.
Dass es die "Pink Panther" nur auf hochpreisige Uhren abgesehen haben, war lange Zeit eine Theorie der Ermittler, die sich aber nicht mehr aufrechterhalten lässt. So ging es ihnen auch beim bisher jüngsten Wiener Coup in der Wollzeile, nach dem zwölf mutmaßliche Bandenmitglieder geschnappt wurden, sowohl um Uhren als auch um Preziosen. "Sie nehmen auch Aufträge an", sagt ein Insider.
Überfälle bis in die USA
Schwerpunkt der Tätigkeit der "Pink Panther" ist Europa. Aber sie haben auch in Dubai, Japan und in den USA zugeschlagen. Wenn ein Überfall geplant ist, reist ein Organisator voraus. Er späht das zu überfallende Objekt aus und sorgt für Quartier und Logistik für die eigentlichen Täter. Diese reisen einige Tage vor dem Überfall an, bereiten den Coup vor und verschwinden wieder.
Laut Robert Klug vom Wiener Landeskriminalamt tritt die Chefetage der "Pink Panther" kaum in Erscheinung. Höchstens das mittlere Management könne man in Zusammenhang mit einem Überfall erwischen.
Die Beute wird in der Regel nicht an Ort und Stelle in Umlauf gebracht. Dafür gibt es den Ermittlern zufolge ein eigenes Netzwerk, über die Uhren und Juwelen zu Geld gemacht werden.
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