Phönix aus der Asche: Sanierung eines ehemaligen Skandal-Büros

Das Eckzinshaus am Westbahnhof, genauer: in der Mariahilfer Straße 127, war schon bisher wegen seiner auffälligen Architektur ein Blickfang. Nach einer nun abgeschlossenen Sanierung soll das um 1900 errichtete Gebäude den Passanten noch mehr ins Auge fallen.
Es ist eines von mehreren Bauprojekten, das derzeit auf der Mariahilfer Straße umgesetzt wird (siehe Infobox weiter unten).
Der Wiener Zinshausentwickler 3SI Immogroup hat in den vergangenen zehn Monaten die Fassade rekonstruiert. Die zum Gürtel zeigende „Schauseite“ war ursprünglich stark verziert. Während des Zweiten Weltkriegs wurde das Gebäude aber beschädigt, die prunkvolle Fassade wurde nach dem Krieg nicht wieder instand gesetzt.

Das während des 2. Weltkriegs beschädigte Haus wurde in den 1950ern schmucklos wiedererrichtet.
Um die Schulden im Vorfeld zu vertuschen, waren Beamte, Politiker und auch Journalisten geschmiert worden. Nach dem Auftauchen geheimer Bestechungslisten kam es darum auch zu mehreren Selbstmorden. Bei der Pleite wurden 480 Millionen Schilling in den Sand gesetzt – nach heutigen Maßstäben wäre das ein Verlust von 20 Milliarden Euro.
Politische Folgen
Auch politisch hatten die Ereignisse weitreichende Folgen. Kanzler Kurt Schuschnigg wollte sich mit dem austrofaschistischen Ständestaat gegen das Hitlerregime behaupten. Der Skandal höhlte das Ansehen seiner Regierung weiter aus – und wurde von Befürwortern des Anschlusses als korrupt und inkompetent dargestellt.
„Das ist es, was ich an den Wiener Altbauten so spannend finde – hinter jeder Mauer, hinter jedem Ziegel, steckt eine eigene Geschichte“, so Schmidt. Derzeit ist die Immobilie gänzlich vermietet, im Erdgeschoß befindet sich das Burgerlokal Peter Pane.
Leiner-Haus
Das historische Gebäude auf der Mariahilfer Straße 10 wurde abgerissen. Derzeit finden Tiefbauarbeiten statt, ab Herbst wird in die Höhe gebaut. Die Fassade muss zur Erhaltung des Stadtbilds stehen bleiben.
Apotheke zur Kaiserkrone
Das Jahrhundertwendehaus bei der Nummer 110 wird umgebaut. Auch hier bleibt die Fassade bestehen, weil sich das Gebäude in einer Schutzzone befindet.
Wiener Stadtoase
Bei der Mariahilfer Straße 166-168 entsteht ein Wohnbau. Bis zum Baustart findet das Zwischennutzungsprojekt „Wild im West“ hier ein neues Zuhause – geplant sind Konzerte, Kino und Foodtrucks.
Mit Details wurde sie nun wieder aufgehübscht. Zu sehen sind unter anderem Balkongeländer im Stil Alt-Wien. Auch im Innenbereich gibt es Neuerungen zu sehen, etwa einen roten Teppich im Eingangsbereich. In einer kleinen Nische beim Lift steht eine Statue von Maria Magdalena, der Namenspatronin des Bezirks.
Korruptionssumpf
Aber nicht nur mit den äußeren Werten des Gebäudes befasste man sich – der Bauherr beauftragte auch eine Agentur, um die Historie des Gebäudes zu beleuchten.
Die Rechercheergebnisse hätten ihn fasziniert, sagt Michael Schmidt, Geschäftsführer der 3SI Immogroup. Der Grund: Die Lebensversicherungsgesellschaft Phönix war im Haus ansässig.

Im Eingangsbereich ist nun ein roter Teppich ausgelegt.
Das Unternehmen sorgte 1936 für einen handfesten Skandal, der 1.300 Angestellten den Job koste, fast eine internationale Finanzkrise auslöste und Österreich noch enger ans Hitlerregime band.
In der Zwischenkriegszeit florierte das Unternehmen zunächst. Es war in 23 Ländern der Welt aktiv, unter den Kunden waren 330.000 Österreicher, auch Mitglieder des Kaiserhauses.
Nach dem Tod des als Finanzgenie geltenden Generaldirektors Wilhelm Berliner im Jahr 1936 offenbarten sich aber Bilanzfälschungen riesigen Ausmaßes – tatsächlich wäre Phönix schon 1929 konkursreif gewesen.
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