Warum haben sich die Wartezeiten auf planbare Operationen und auf Termine in Wiener Spitalsambulanzen so extrem verlängert? Wie der KURIER vor zwei Wochen berichtete, müssen Patienten in Gemeindespitälern der Bundeshauptstadt sogar bis zu sieben Mal so lange auf einen Eingriff warten als noch vor fünf Jahren. Nun hat sich die Wiener ÖVP auf Spurensuche zu den Wurzeln dieser Misere begeben und ist fündig geworden – nämlich im Personalbereich.
Der Fünfjahresvergleich von 2019 bis 2023, wo also der Vor-Corona-Status abgebildet ist, offenbare eine „erschreckende Entwicklung“, wie ÖVP-Gesundheitssprecherin Ingrid Korosec erklärt. Während in Wien die Bevölkerung um rund 85.000 Personen gestiegen sei, sei zugleich der Personalstand geschrumpft. Und zwar in einem Ausmaß, dass es zu den bekannten negativen Folgen für die Patienten gekommen sei. In Summe gebe es jetzt in den vom Wigev (Wiener Gesundheitsverbund) verwalteten Krankenhäusern 170 Pflegekräfte weniger als noch vor fünf Jahren (als es insgesamt 12.608 Pflegekräfte waren). Auch bei den Fachärzten stehe ein Minus – nämlich insgesamt sieben Mediziner weniger als früher (1.832 Fachärzte).
Korosec macht aber noch auf einen gerne übersehenen Aspekt aufmerksam, der ebenfalls große Folgen für die Patientenbetreuung haben kann. „Die Teilzeitbeschäftigung steigt in allen Berufsgruppen.“ So sei bei den Ärzten die Quote von 14 auf 17 Prozent gestiegen; noch eklatanter die Entwicklung in der Pflege, wo der Anstieg von 27 auf 33 Prozent signifikant sei.
Fazit von Korosec: „Die Spitäler sind die größte Baustelle der Stadt Wien – es braucht dringend eine Reform.“ Allerdings sollte diese tief in die Strukturen eindringen und Richtung Ausgliederung gehen, um so endlich aus dem Würgegriff der Stadtregierung zu kommen. Schließlich sei es ein Wiener Unikum, dass der Wigev immer noch Teil des Magistrats und somit keine eigene Rechtspersönlichkeit ist. Nur mit einer Ausgliederung könnten Spitäler „effizient und professionell“ geführt werden, so Korosec.
Allerdings wurde das vor der Pandemie verfolgte Projekt wieder abgesagt, obwohl es von einer Vielzahl an Experten bis hin zum Rechnungshof begrüßt worden war; jetzt wollte sich der Wigev zum ÖVP-Vorstoß nicht konkret äußern.
Anwerbebonus wirkt
Was die Zahlen zum Personalstand betrifft, hält man aber dagegen: Von 2023 auf 2024 seien die Neuanstellungen wieder um 6,2 Prozent gestiegen. Dabei habe man „eine Reihe von Maßnahmen“ gesetzt – wie mehr Ausbildungsplätze in der Pflege, 1.000 Euro Anwerbebonus sowie eine höhere Vergütung von Sonn-, Feiertags- und Nachtdiensten. Die hohe Teilzeitquote wiederum bereite keine Sorgen, sondern sei „eine organisatorische Herausforderung, der sich jedes Unternehmen stellen muss“.Christian Mayr
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