Parkpickerl treibt Firmen in die Flucht

Unternehmer Peter Koch fordert den Bau von Parkgaragen statt eines Pickerls
Neue Parkpickerlzonen und die Verdreifachung der U-Bahn-Steuer lassen Wiener Firmenchefs an Landluft denken.
Parkpickerl treibt Firmen in die Flucht

Peter Koch ist Bauspengler und ein echter Ottakringer. Und doch überlegt er, seinem Bezirk den Rücken zu kehren. "Seit Jahren werden uns nur Prügel zwischen die Beine geworfen", sagt Koch, "aber die Ausweitung des Parkpickerls ist der Gipfel." Seine Arbeiter müssen von der Zentrale in der Lienfeldergasse in Ottakring zu Baustellen in ganz Wien, aber schon jetzt bekommt Koch nur für fünf seiner zwölf Fahrzeuge die Genehmigung in Pickerlzonen parken zu dürfen. "Dadurch müssen wir ständig die Fahrzeuge wechseln", sagt Koch.

Parkpickerl treibt Firmen in die Flucht

Dazu komme die Bürokratie: "Wir müssen jedes Jahr, für jedes Auto, für jeden Bezirk eine Rechnung bringen, um die Genehmigung zu bekommen. Verrückt", sagt Koch. Durch die Ausweitung gebe es kaum mehr pickerlfreie Zonen. Die Lösung der Stadt: Eine generelle Jahresgenehmigung für 2515 Euro pro Jahr und Wagen. "Damit müsste ich 20.000 Euro statt bisher 4000 Euro zahlen", sagt Koch. Wäre der Umstieg auf die Öffis eine Lösung? "Vergessen Sie es. Sie dürfen mit einer Werkzeugkiste nicht in die U-Bahn."

Auch Michael Haberler, Inhaber einer Kfz-Werkstätte in Ottakring, stellt das Pickerl vor Probleme. Er betreut pro Tag bis zu 30 Kundenautos, davon zwei Drittel nicht aus Ottakring. "Wo sollen die dann stehen?", fragt Haberler: "Ich bin natürlich gegen das Parkpickerl." Damit ist er nicht alleine.

Befragung

Parkpickerl treibt Firmen in die Flucht

"Wir haben 1000 Unternehmer in Ottakring befragt", sagt Alexander Piach, Direktor des Wirtschaftsbunds Wien. "79 Prozent der Unternehmer lehnen das Parkpickerl ab, jeder sechste überlegt eine Standortverlegung." Denn neben dem Parkpickerl macht den Unternehmern auch die Erhöhung der U-Bahn-Steuer zu schaffen. So muss etwa die Sicherheitsfirma G4Se mit 1500 Mitarbeitern Mehrkosten von 80.000 Euro für 2012 einplanen. Geschäftsführer Matthias Wechner möchte zwar in Wien bleiben, doch mit einer Umsiedelung nach Niederösterreich könnte er 100.000 Euro pro Jahr einsparen, hat er errechnet.

Coca Cola hat nicht nur gerechnet, sondern gehandelt. Die Produktion wird derzeit – auch aus Platzgründen – von Wien ins Burgenland verlegt. Es ist die letzte große Abwanderung. Zwischen 1992 und 2008 verlor Wien mehr als 250 Hektar Betriebsflächen. "Ein Trend der sich fortsetzt", sagt Gemeinderätin Isabella Leeb (ÖVP). „Die großen Unternehmen sind schon weg, jetzt kommen die kleinen und mittleren dran.“ Das Wirtschaftswachstum der Stadt finde de facto im Speckgürtel um Wien statt.

Im Büro von Finanzstadträtin Renate Brauner (SPÖ) sieht man das anders: „Allein 2011 haben sich 113 Betriebe angesiedelt“, so ein Sprecher. Den Trend zur Abwanderung könne man nicht erkennen.

Coca Cola hat man trotzdem nicht halten können.

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