Ellensohn: "Nur Wien kann die FPÖ im Zaum halten"

Ellensohn: „Der erste Durchgang war eine Denkzettelwahl“
Der Grüne Klubchef David Ellensohn über die Auswirkungen des Wahlsonntags

KURIER: Was überwiegt bei Ihnen? Die Freude über Alexander Van der Bellens Sieg in Wien oder der Schock über den bundesweit großen Vorsprung von Norbert Hofer?

David Ellensohn: Das Wiener Ergebnis ist tatsächlich hervorragend. Dass Van der Bellen ein Drittel der Stimmen macht, haben wir nicht erwartet. Das Bundesergebnis der FPÖ aber auch nicht.

Ein Teil der Wiener SPÖ macht den zu weichen, der andere den zu harten Kurs in der Flüchtlingspolitik für das Debakel verantwortlich. Wer hat recht?

In welchem Bundesland hat die FPÖ am schlechtesten abgeschnitten? Das war in Wien. Offensichtlich nützt es, wenn man wie Rot-Grün auf Zusammenhalt und einen klaren Kurs setzt. Im Burgenland, wo die SPÖ blaue Politik macht, ist Hofer die Nummer eins.

Dennoch ist die SPÖ in Wien abgestürzt.

Gegen Ende des Wahlkampfs war klar, dass Hundstorfer nicht Präsident werden kann, Van der Bellen aber schon. Deshalb haben viele Sozialdemokraten ausnahmsweise nicht den SPÖ-Kandidaten gewählt.

Wie sehr belastet die Zerstrittenheit der SPÖ die Wiener Regierungsarbeit?

Nehmen wir die Asylgesetz-Verschärfung im Bund: Wir und die Wiener SPÖ lehnen das gleichermaßen ab. Die SPÖ hat schwere Zeiten, aber der Kurs von Rot-Grün hält. Ich bin mir sicher, dass das so bleibt.

Seit der Wahl erscheint Wien tief zwischen linken und rechten Bezirken gespalten. Was werden Sie dagegen tun?

Der erste Durchgang war eine Denkzettelwahl. Umso wichtiger ist es jetzt, dass wir in Wien über die Parteigrenzen hinweg eine breite Wahlbewegung zusammenbringen. Van der Bellen stellt das Verbindende vor das Trennende. Das werden wir jetzt auch machen. Dann wird die Wien-Karte am 22. Mai anders aussehen.

In den Flächenbezirken hat sich die FPÖ-Dominanz verfestigt. Wie können sie zurückerobert werden?

Wien-weit hat die FPÖ 27 Prozent gemacht, weniger als bei der Wahl im Herbst. Sie ist bei Bundeswahlen in Wien immer schlechter als in anderen Ländern. Das einzige Bundesland, das in der Lage ist, die FPÖ in Zaum zu halten, ist Wien. Es geht darum, insgesamt die rasant wachsende Stadt zusammenzuhalten. Wien ist keine blaue, sondern eine rot-grüne Hochburg.

Erwarten Sie eine SPÖ-Unterstützung für Van der Bellen?

Es gibt immer mehr Sozialdemokraten, Griss-Wähler und ÖVP-Anhänger, die das schon tun. Davor habe ich größten Respekt. Es geht aber auch um die rund 40 Prozent, die jetzt nicht gewählt haben. Wir sind sehr zuversichtlich: Seit Sonntag haben sich alleine in Wien schon 485 Menschen gemeldet, die noch nie etwas mit Parteien zu tun hatten und jetzt im Wahlkampf helfen wollen.

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