Nord light: Ein Obdach über der Donau

Nord light: Ein Obdach über der Donau
Erstmals wurde im Norden Wiens, in der Donaustadt, ein Tageszentrum für Obdachlose eröffnet.

Ein Gruppe sitzt draußen im Hof auf einer weißen Garten-Garnitur aus Plastik. Die Stimmung ist gut, Dosenbier steht auf dem Tisch. Wie in den meisten Tageszentren für Obdachlose ist auch im „Nord light“ Alkohol „in sozial verträglichem Ausmaß“ erlaubt, wie das im Fachjargon heißt. Also drei Dosen Bier oder ein Tetrapack Wein. Kein Schnaps, nichts in Glasflaschen.

Und trotzdem ist die neue Obdachlosenunterkunft der Volkshilfe in der Dr.-Otto-Neurath-Gasse in Stadlau eine besondere.

Nord light: Ein Obdach über der Donau

Insgesamt sieben solcher Tagesunterkünfte gibt es in Wien. Jenes der Volkshilfe ist das erste links der Donau, das erste im Norden Wiens – in der Donaustadt, einem der viel zitierten Flächenbezirke.

Schon in den vergangenen zwei Jahren wurde das Haus als Notquartier und Wärmestube im Winter genutzt. Seit 2. Mai dieses Jahres ist es erstmals tagsüber im Sommer geöffnet. „Wir wollen keine Szene von irgendwo weg und hierher bringen“, sagt Rudolf Hundstorfer, Präsident der Volkshilfe Wien. Es sei einfach darum gegangen, ein Angebot zu schaffen. „Die Klientel gibt es, ob man will oder nicht.“

„Die Klientel“ verbringt sonst ihre Tage auf der Donauinsel oder in Parks im Bezirk.

Nord light: Ein Obdach über der Donau

Junge Männer

Es sind nicht nur überwiegend Menschen aus dem Osten, die das neue Angebot in Stadlau annehmen. Es sind fast ausschließlich Slowaken – vor allem junge Männer, die meisten zwischen 30 und 40 Jahre alt. „Ich war skeptisch, dass diese Einrichtung angenommen wird“, sagt Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ). Aber sie wird.

Zwischen 50 und 70 Menschen kommen täglich, Platz ist für 70. Richard aus der Slowakei ist erst 20 Jahre alt und öfters da.

Nord light: Ein Obdach über der Donau

Alena Mach leitet die Einrichtung; Richard (20) aus der Slowakei ist öfters dort anzutreffen

Erich (Name geändert, Anm.), ebenfalls aus der Slowakei, zum zweiten Mal. Der 38-Jährige lebt seit 19 Jahren auf der Straße und arbeitet sporadisch. Dann stellt sich Erich auf den „Arbeiterstrich“ auf der Triester Straße und fährt mit zu Baustellen, auf denen Schwarzarbeiter gebraucht werden.Das Quartier in Stadlau findet er „super“, sagt er und zeigt den Daumen nach oben.

Nord light: Ein Obdach über der Donau

Dort kann er duschen und Wäsche waschen, es gibt Kleinigkeiten zu essen und auch ein bisschen Programm. Einmal pro Woche wird gemeinsam mit Sozialarbeitern die Wand im Hof mit Graffiti besprüht, manchmal wird musiziert und Fußball gespielt. „Unsere Gäste kommen aus verschiedenen Nationen“, sagt Alena Mach, die die Einrichtung leitet. „Aber wenn’s um Fußball geht, sind alle Rapid.“

Fonds Soziales Wien

Beim FSW  läuft das Angebot für Menschen ohne Dach über dem Kopf zusammen. 2018 wurden 11.000 Obdachlose in den Einrichtungen der Wiener Wohnungslosenhilfe betreut. Davon 28,8 Prozent Frauen und 71,2 Prozent Männer.   

In Wien gibt es insgesamt 8 Tageszentren für Obdachlose. 4.000 Menschen schlafen in Notquartieren, 6.000 in betreuten Wohnunterkünften.

Nord light

Seit 2. Mai ist das Tageszentrum in der Dr.-Otto-Neurath-Gasse 1 im 22. Bezirk geöffnet.  Platz ist für 70 Personen ab 18 Jahren. Es gibt Ruheräume für Männer und Frauen, Duschen, Waschmaschinen und die Möglichkeit, seine Habseligkeiten zu verstauen.

Auch Haustiere sind erlaubt. Bis November ist das Zentrum täglich  von 10 bis 17.30 Uhr geöffnet. Ab Dezember wird es wieder zu einer Notschlafstelle umfunktioniert. 

Kommentare