Neustart an bekannter Adresse: Volksschule statt Imam-Schule
„Herzlich willkommen“ steht in bunten Riesenlettern an der Tafel in einem der nigelnagelneuen Klassenzimmer. „Schön, dass du da bist“ in der Parallelklasse. Auf Deutsch, gemäß der Unterrichtssprache. Religiöse Symbole oder arabische Schriftzeichen sucht man in den „Privatschulen “ vergeblich. Nichts im Erscheinungsbild weist darauf hin, dass es sich um islamische Privatschulen handelt. Und das hat einen Grund – denn die Simmeringer Immobilie hat eine turbulente Geschichte.
Das Gebäude kam vor vier Jahren in die Schlagzeilen, als die zur Gemeinschaft der Millî Görüs (Nationale Sicht) gehörende Islamische Föderation Wien (IFW) – der mit 10.800 Mitgliedern zweitgrößte Moscheeverband nach Atib – darin eine „Imam Hatip“-Schule einrichten wollte. Der ehemalige Vorstand machte sich bei den Behörden keine Freunde, weil man ursprünglich ein Kulturzentrum zur Bewilligung eingereicht hatte, tatsächlich aber ein theologisches Gymnasium mit Unterricht in Türkisch plante. Insbesondere die FPÖ stieg dagegen auf die Barrikaden und organisierte eine Protestdemo vor der Baustelle, bei der nicht zuletzt unmittelbare Anrainer ihren Unwillen kundtaten.
Erst als der ehemalige SPÖ-Bezirksrat Mehmet Arslan den Vorsitz der IFW übernahm, legte man das Projekt auf Eis und suchte den Dialog mit Politik und Behörden. Um das Projekt sollte Ruhe einkehren.
Versöhnlicher Ausgang
Mit dieser ist es nun zumindest im Gebäude vorbei. Denn gestern, Montag, wurden an der einst umstrittenen Adresse eine private Volksschule und eine NMS eröffnet. Schulerhalter ist der der IFW nahe stehende Trägerverein Solmit („Solidarisch miteinander“), der seit 1999 auch ein islamisches Realgymnasium im 15. Bezirk betreibt. Die Islamische Glaubensgemeinschaft verlieh den beiden Privatschulen, für die bereits um Öffentlichkeitsrecht angesucht wurde, den konfessionellen Status. Und auch vom Wiener Stadtschulrat gibt es bis dato keine Einwände.
Unterrichtet werden die 75 Kinder nach dem österreichischen Lehrplan, Unterrichtssprache ist Deutsch. Dass es sich um eine islamische Schule handelt, stehe nicht im Vordergrund, sagt Direktorin Angela : „Darum wurden die Schulen neutral nach ihrer Adresse benannt. Wir sind offen für Schüler aller Konfessionen oder auch Atheisten“, sagt die österreichische Konvertitin – die wie ein Teil des (nicht rein muslimischen) Lehrerkollegiums zuvor in einer aus finanziellen Gründen geschlossenen islamischen Privatschule eines anderen Trägervereins tätig war. Zurzeit sitzen allerdings ausschließlich muslimische Kinder in den Klassen.
"Keine Einflussnahme" durch Islamische Föderation
Beim KURIER-Lokalaugenschein lassen sich die Zwillinge Roukaya und Soumaya (6), die gerade in die Volksschule gekommen sind, deren Schwester Schaima (10), die mit der NMS beginnt und ihr Bruder Noah (13), der in der NMS schon in die Vierte geht, vom Fotografen über die Schulter schauen. Ihrer Mutter, Natascha Fraj, ist eine gute theologische Bildung wichtig. Für die vergleichsweise kleinen Schulen in der Florian-Hedorfer-Straße spreche zudem, dass es hier so familiär zugehe, erklärt die Konvertitin.
Der islamische Aspekt der Schulen ist allerdings nur an Details zu erkennen: an zwei Stunden Religionsunterricht pro Woche, einer Moschee auf dem Dachboden, in der die Schüler nachmittags beten können. Und sobald es eine hauseigene Verpflegung gibt, wird die natürlich halal ausfallen.
Seitens der IFW gebe es keine inhaltliche Einflussnahme auf die Schule, betont Sprecher Harun Erciyas. „Wir wollen, dass die Schulen komplett unabhängig sind, sich selbst verwalten und sich selbst finanzieren.“
Den Anrainern gegenüber demonstriert der Schulerhalter Dialogbereitschaft. „Wir sind für Fragen und Anliegen offen“, sagt Himsl.
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