Multimediales Infocenter am Wiental-Kanal eröffnet: Einblicke in Wiens Unterwelt
Wo zwischen mehrspurigen Gürtel-Fahrbahnen, Burger King und U-Bahn-Station Margaretengürtel noch vor Kurzem Stadtwildnis wucherte, haben im März die Bauarbeiten für die Verlängerung des Wiental-Kanals um weitere neun Kilometer begonnen.
Der neue Abwasserkanal, der künftig den Wienfluss bei Starkregen vor Verunreinigungen schützen und das Kanalnetz entlasten soll, wird sich nach seiner Fertigstellung über sechs Bezirke erstrecken: vom Ernst-Arnold-Park bei der Station Pilgramgasse bis zum Skatepark Auhof an der Stadtgrenze.
Hier am Gaudenzdorfer Gürtel befindet sich aber für die nächsten vier Jahre das Baustellenzentrum. Hier wurde am 4. Dezember auch das multimediale Infocenter eröffnet, das über das Jahrhundertprojekt informieren soll. Das Datum sei bewusst gewählt worden, schließlich sei die Heilige Barbara die für den Tunnelbau zuständige Schutzpatronin, erklärt Wien-Kanal-Chef Andreas Ilmer. Im Infocenter werde die „dunkle Seite Wiens“ beleuchtet, sagt er augenzwinkernd.
„450 Kolleginnen und Kollegen sorgen dafür, dass die Wiener Unterwelt sauber bleibt – und das ganz unauffällig. Wenn davon nichts sieht und riecht, machen wir unsere Arbeit“, sagt Wien-Kanal-Pressesprecher und Projektleiter Josef Gottschall. Erst kürzlich habe man einen Beitrag dazu geleistet, die Stadt vor Überflutung zu schützen. Und schließlich, sagt Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) bei der Eröffnung, ist ja „die Kanalisation der Metabolismus (Stoffwechsel, Anm.) des Organismus Stadt“.
Öffnungszeiten und Führung
Ab 9. Jänner: Do, 14 bis 19 Uhr, Fr, 9 bis 14 Uhr, Sa, 10 bis 15 Uhr
Führungen zu jeder vollen Stunde, max. 25 Personen pro Tour.
Anmeldung und Infos unter: ueberunten.wien
Eingang
Rund 200 Meter entfernt von der U4-Station Margaretengürtel, Aufgang Margaretengürtel
Durch die Unterwelt
In diesen Metabolismus, das Wiental-Kanal-Projekt sowie die Geschichte, Gegenwart und Zukunft der Wiener Kanalisation gibt das siphonförmige Gebäude am Gürtel nun mit der Dauerausstellung „Über Unten“ einen Einblick. Im Inneren dominieren Blau- und Grüntöne, leises Plätschern aus Lautsprechern sorgt für die passende Geräuschkulisse.
In der 33 Meter langen „Kanalröhre“ – mit drei Metern Durchmesser ist sie übrigens genauso groß wie die Originaltunnelröhre – beginnt dann die Zeitreise durch die Wiener Unterwelt, die gemeinsam mit dem Wien Museum und dem Wiener Stadt- und Landesarchiv erarbeitet wurde: von den Anfängen der Wiener Kanalisation im antiken Vindobona über Cholerakanäle und den Bau der Hochquellleitung bis hin zur aktuellen Tunnelbaustelle und Ausblicken. Sogar ein Miniaturmodell der 136 Meter langen Tunnelbohrmaschine, die derzeit unter dem Wienfluss im Einsatz ist, kann besichtigt werden. Die rund 50-minütige Tour ist kostenlos.
Und die Stadtwildnis? Die kann sich nach Abschluss der Bauarbeiten wieder zwischen den Fahrbahnen ausbreiten. „Wir hinterlassen nur zwei Schächte, das Infocenter zieht weiter zur nächsten Baustelle“, sagt Gottschall. Am Gaudenzdorfer Gürtel wird dann schon Gras über die Baustelle gewachsen sein.
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