Neubau: Wie ein Bezirk auf eine Messerstecherei reagiert

Neubau: Wie ein Bezirk auf eine Messerstecherei reagiert
Umstrittener Josef-Strauß-Park: Der Bezirksvorsteher von Neubau lud nach einer Messerstecherei zwischen Jugendlichen zum Grätzel-Gespräch und verspricht mehr Sozialarbeit.

Zwei schwer verletzte Jugendliche waren die Folge einer Messerstecherei zwischen zwei Cliquen am Freitag vergangener Woche. Eine rund 15-köpfige arabischsprechende Gruppe sei auf Schüler einer Neuen Mittelschule gestoßen und hätte laut Polizei „wahrscheinlich um ein Mädchen“ gestritten. Ein über WhatsApp vereinbartes Treffen, bei dem man sich „die Sache ausmachen“ wollte, eskalierte.

Ein noch unbekannter Verdächtiger aus der 15-köpfigen Gruppe rammte einem 15-Jährigen ein Messer in den Hals und einem 14-Jährigen in Bauch und Oberarm. „Nach so einem Vorfall können wir nicht zur Tagesordnung übergehen“, sagt Bezirksvorsteher Markus Reiter (Grüne). Deswegen hielt er am Freitag ein Grätzel-Gespräch in dem Park ab.

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Von links: Ursula Berner (Sozialsprecherin der Wiener Grünen), Neubau-Bezirksvorsteher Markus Reiter (Grüne), Christan Dworzak-Jungherr (Verein MKN) und Grätzel-Polizist Hubert Seidl

„Das hier ist kein Horror-Park“, betont er. Denn auch polizeilich ist der Park - zumindest seit dem Umbau vor einem Jahr - sonst unauffällig. Trotzdem wolle er auf die Ängste und Sorgen der Bürger reagieren. Grätzelpolizist, Hubert Seidl und der pädagogische Leiter des Vereins Multikulturelles Netzwerk, Christian Dworzak-Jungherr, informierten.

Man wolle zukünftig auf verstärkte, direkte Sozialarbeit setzen. Im Park sollen täglich Streetworker präsent sein. Zudem soll die Polizei vermehrt im Park vorbeischauen.

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Der Park wurde im vergangenen Jahr umgebaut

Anrainer sind betroffen

Etwa ein Dutzend interessierte Anrainer und Menschen, die zufällig mit ihren Kindern am Spielplatz waren, sammelte sich um den Stand. Zwischen 16 und 18 Uhr wurden warmer Punsch und Maroni angeboten.

"Ich beobachte den Park schon lange, weil ich in der Nähe wohne. Hier werden viele Drogen gedealt und es ist immer laut", beschwert sich etwa Adham E. Er habe der Polizei und dem Bezirk schon oft Bescheid gegeben. "Aber es musste erst etwas passieren", meint er.

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Bürger informierten sich

Andere Anrainer sehen die Lage entspannter. Susanne B. wohnt seit 33 Jahren direkt neben dem Josef-Strauß-Park. "Früher habe ich mich oft gefürchtet, aber seit dem Umbau ist alles viel freundlicher", sagt sie. Manchmal sei es laut, "aber so ist das eben mit Jugendlichen". Der Vorfall von vergangener Woche mache sie aber schon betroffen, Angst hätte sie trotzdem nicht.

Hannes Morgenstern hat von dem Vorfall gar nichts mitbekommen. Er kommt mit seinem Sohn extra aus Ottakring zum Spielen her: "Es ist ein schöner Park und ein super Angebot, Angst hatte ich hier noch nie", sagt er.

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Hannes Morgenstern

ÖVP fordert Videoüberwachung

Während im Käfig Fußball gespielt wird und sich eine Traube Jugendlicher in Jogginghosen rundum den Grätzel-Polizisten aufstellt - gibt es bei der Versammlung auch kritischere Stimmen. ÖVP-Bezirksparteiobfrau Christina Schlosser fordert "ein Ende der Bandenkriege". Ihr reichen mehr Sozialarbeit und verstärkte Polizeipräsenz nicht. Sie fordert Videoüberwachung und eine Waffenverbotszone.

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Jugendliche interessieren sich für den Grätzel-Polizisten

Das seien aber "plakative Maßnahmen, die vor allem der subjektiven Sicherheit dienen", sagt Christian-Dworzak-Jungherr, der pädagogische Leiter des Vereins Multikulturelles Netzwerk, der in Neubau für die Jungendarbeit zuständig ist. Gewaltprävention funktioniere "unsichtbar und langfristig".

"Wir werden in Zukunft in diesem Park aber vermehrt präsent sein und auf die Jugendlichen zugehen", sagt er. Er betont aber, dass die Wiener Parks im Vergleich zu jenen anderer Großstädte sehr sicher seien.

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Christian Dworzak-Jungherr und Markus Reiter

Ob jene Jugendlichen, die an der Messerstecherei beteiligt waren, überhaupt aus Neubau kamen, kann er nicht sagen, sie seien sehr mobil, die Streetworker aber auch gut vernetzt. "Mit dem Migrationhintergrund hat Gewalt in erster Linie jedenfalls nichts zu tun - sie ist erlernbar und deshalb auch verlernbar", sagt Dworzak-Jungherr.

Umstrittener Park

Tatsächlich war der Park aber schon einige Male in den Schlagzeilen: Im April 2017 gingen ebenso zwei Jugendliche mit einem Messer aufeinander los - die Verdächtige wurde wegen versuchten Mordes zu vier Jahren Haft verurteilt und immer wieder klagten Anrainer, dass Dealer vom Gürtel in den Park kommen würden.

Vergangenes Jahr wurde dann umgebaut: Der Park wurde beleuchtet und es gibt weniger versteckte Nischen. "In der Regel wird der Park auch normal genutzt, man muss hier keine Angst haben", ist Bezirksvorsteher Reiter überzeugt.

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