Wiener SPÖ rettet sich ins Ziel

Wiener Bürgermeister Michael Häupl bei der Stimmabgabe.
Grüne auf Platz 1 in Währing/Ernüchterung bei der VP, Freude bei FP, Jubel bei Neos

Am Sonntagmorgen war Bürgermeister Michael Häupl noch gut gelaunt. „Ich habe ein gutes Gefühl“, sagte Häupl bei seiner Stimmabgabe. Aber genau werde man es erst nach der Wahl wissen. Er sollte recht behalten.

In einem Zelt neben dem Burgtheater hatte sich die rote Basis versammelt, um gemeinsam den Wahlausgang zu verfolgen. Als um 17 Uhr die erste Hochrechnung präsentiert wurde, ging ein Raunen durch die Menge. Nur 26,4 Prozent für die SPÖ. „Hoch wer ma’s nimmer gewinnen“, sagte ein Roter, andere schüttelten ungläubig den Kopf. Doch noch war die Hoffnung im Saal zu spüren, dass Wien das Steuer noch einmal rumreißen könnte. Es sollte nicht gelingen.

Die SPÖ sank in Wien auf einen historischen Tiefststand. 32,4 Prozent, um 2,4 Prozentpunkte weniger als noch 2008.

„Das ist kein Ergebnis, das mich rasend freudig stimmt.“Michael Häupl (SP)Wiener Bürgermeister„Ein Minus ist natürlich nicht gut, keine Frage“, sagte Häupl unmittelbar nach Bekanntwerden der ersten Ergebnisse. „Wir müssen jetzt die einzelnen Bezirke genau analysieren.“ Vielmehr müsste die SPÖ aber die niedrige Wahlbeteiligung analysieren. Nur 664.597 Wiener machten am Sonntag von ihrem Wahlrecht gebrauch, das sind 57,5 Prozent. 2008 waren es noch 63,2 Prozent.

Allerdings fehlen noch die Stimmen der Briefwähler. Für die SPÖ dürfte das aber nicht den großen Turnaround bringen. Traditionell gewinnen bei den Briefwählern die ÖVP und Grüne Stimmen dazu, weniger die Roten.

„Es ist uns nicht gelungen, alle Wähler zu mobilisieren“, sagte SP-Klubchef Rudi Schicker. Dazu habe es mit dem Team Stronach und den Neos zwei neue Mitbewerber gegeben. „Es ist klar, dass deren Zugewinne auf Kosten der etablierten Parteien gehen.“ Es war aber nicht alles schlecht: Insgesamt war das Wiener Ergebnis stark genug, um Bundeskanzler Werner Faymann den Wahlsieg zu retten. Auch hat man in den traditionellen Arbeiterbezirken den Abstand zur FPÖ wahren können.

Ernüchterung

Für die Wiener ÖVP ist das Ergebnis hingegen ernüchternd. War man mit dem Protest gegen das Parkpickerl und die neue Mariahilfer Straße lange präsent, fuhr man nun die größten Verluste ein. „Dass das kein grandioser Wahlsieg ist, ist klar“, sagte Parteichef Manfred Juraczka. Er schreibt das Minus den Neos zu, die eine ähnliche Wählerschicht bedienen.

Die FPÖ konnte in Wien zulegen, wenn auch nicht so stark wie in Restösterreich. Dennoch sprach Heinz-Christian Strache von einem „großen Schritt vorwärts“. Die Mariahilfer Straße sei ein Beispiel dafür, wie in Wien autoritär über die Bevölkerung „drübergefahren“ werde.

Für die Wiener Grünen blieb vorläufig ein kleines Minus, dafür gab es Teilerfolge. In Währing konnte man Platz eins erobern. Auch das große Minus wegen der Debatte um die Mariahilfer Straße blieb aus.

Die größte Überraschung lieferten aber die Neos. Sie kamen aus dem Stand auf 7,5 Prozent der Stimmen. In den meisten Innergürtelbezirken sogar auf mehr als zwölf Prozent. Für die ÖVP aber auch für die Grünen wächst hier eine neue, urbane Konkurrenz heran.

Alle Ergebnisse der Nationalratswahl

Dieses Ergebnis kann Wiens Bürgermeister Michael Häupl nicht schmecken. Ohne Wahlkarten haben in der Stadt noch 212.000 für die SPÖ votiert. Auch wenn sich die Sozialdemokraten darüber hinwegtrösten, dass das Wien-Ergebnis Bundeskanzler Werner Faymann bei der Regierungsbildung hilft, schaut ein Rückenwind für die Gemeinderatswahlen anders aus.

Denn die Stammwähler bröckeln weg. Das gilt auch für die Wiener ÖVP, die besonders in ihren Hochburgen, wie in Döbling, stark an die Neos verloren hat.

Die Regierungsbeteiligung hat sich für die Grünen in Wien nicht gerechnet. Das kleine Minus hängt aber weniger mit Stadtthemen, wie Mariahilfer Straße oder Parkpickerlerweiterung, sondern mehr mit dem bunteren Parteienspektrum zusammen. Ändert sich die politische Grundstimmung nicht, werden in zwei Jahren noch mehr Protestparteien im Gemeinderat sitzen.

Für die regierende Stadt-SPÖ ist diese Entwicklung auch eine Chance. Sie bekommt nach der Wien-Wahl 2015 möglicherweise neue Koalitions-Optionen.

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