Nach Kunstdiebstahl: Rekordbelohnung ausgelobt
In Österreich haben Ergreiferprämien wenig Tradition. Für Hinweise auf einen Posträuber, der im Sommer eine satte halbe Million Euro geraubt hat, wurden gerade einmal 2500 Euro ausgelobt.
Das ist nun vorbei. Eine Viertel Million Euro wurden von anonymer Seite für Hinweise ausgesetzt, die zur Wiederbeschaffung von 72 Gemälden führen, die Ende August gestohlen worden sind. Schöpfer der Kunstwerke sind teilweise weltbekannte Künstler, wie Oskar Kokoschka oder Alfons Walde. In Summe sind die Bilder zwei Millionen Euro wert. Opfer des Coups war eine 73-jährigen Kunsthändlerin. Ihre Hietzinger Villa wurde trotz Alarmanlage ausgeplündert, als sie zehn Tage auf Urlaub war.
Das Geld gibt es nicht für die Auffindung der Täter, sondern nur für die Bilder. „Wir hoffen natürlich, dass das Hand in Hand geht. Aber wenn einzelne Kunstwerke gefunden werden, wird das anteilig gerechnet“, erklärt Anita Gach, Leiterin des Kulturdelikte-Referates im Bundeskriminalamt. Das heißt: Pro unbeschädigtem Bild gibt es knapp 3500 Euro. (Hinweise an 01/24836-985026.)
Das Bundeskriminalamt geht davon aus, dass die Täter als Umzugsfirma getarnt kamen. Ob es weitere Spuren gibt, wolle man „aus kriminaltaktischen Gründen nicht sagen“, betonte BK-Sprecher Mario Hejl. „Für solche Bilder gibt es aber immer einen Markt“, sagt Gach. „Schmuck ist nicht so interessant, aber für einen Kokoschka oder Moll erzielt man einen guten Preis.“ Der Vorteil ist, dass die 72 gestohlenen Gemälde einzeln jeweils unter 50.000 Euro wert sind und deshalb international nicht für so viel Aufsehen sorgen, wie etwa ein gestohlener Picasso. Das könnte sich durch die Ergreiferprämie allerdings ändern.
Österreich erleichtert den Kunstdiebstahl dadurch, dass es eine internationale UNESCO-Konvention aus dem Jahre 1970 bis heute nicht umgesetzt hat. „Damit hätte der Zoll mehr Handhabe, es gebe mehr Sorgfaltspflichten für Verkäufer und es könnten Genehmigungen besser geprüft werden“, erklärt Gach. 115 Staaten haben es umgesetzt, Österreich nicht.
Halbnackte Fahndung
Der illegale Kunstmarkt hat jährlich Umsätze in Milliardenhöhe und wird im kriminellen Metier nur durch den Waffen- und Drogenhandel übertroffen. Dennoch werden bis heute Kunstwerke nicht registriert. Die Polizei muss deshalb teilweise mit haarsträubenden Methoden arbeiten. Gach: „Wir müssen etwas verschwommene Bilder als Fahndungsfotos nehmen, die bei der Familienweihnachtsfeier im Hintergrund zu sehen sind. Zuletzt war jemand bei uns mit einem Foto, das ihn halb nackt auf einem Heimfahrrad zeigt und er meinte, die unscharfe Goldkette am Hals ist weg.
Hinweise werden an den SPOC (Single Point of Contact) des Bundeskriminalamtes unter der Telefonnummer. +43 (0) 1/ 24836, Durchwahlen: 985025 bis 985027 oder BMI-II-BK-SPOC@bmi.gv.at erbeten. Fotos aller gestohlenen Gemälde sind hier abrufbar.
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