Terrorverdacht: Einvernahme des 17-Jährigen dauert an
Der in der Vorwoche unter Terror-Verdacht in Wien festgenommene 17-Jährige ist wie geplant am Montag vom ermittelnden Staatsanwalt einvernommen worden. Bis in die Nachtstunden hinein habe die Einvernahme gedauert, sagte Wolfgang Blaschitz, der Verteidiger des Jugendlichen, am Dienstag auf Nachfrage.
Die Einvernahme werde erst am kommenden Montag fortgesetzt. "Das wird dann vermutlich wieder eine Zehn-Stunden-Session", meinte Blaschitz. Derzeit werde die Tat Detail für Detail aufgearbeitet, das dauere. Der Jugendliche zeige sich zumindest zum Teil kooperativ und geständig, "was seine eigene Geschichte betrifft", sagte der Verteidiger. Aussagen von Zeugen wies er hingegen zurück.
Sein Mandant habe sich durchaus in einem möglicherweise radikal-salafistischen Umfeld bewegt. Der Bursche habe den Wiener Hass-Prediger Mirsad O. alias "Ebu Tejma" vergöttert, der im vergangenen Sommer in Graz wegen terroristischer Vereinigung, Anstiftung zum Mord und schwerer Nötigung zu 20 Jahren Haft verurteilt wurde.
Die ÖVP fordert Fußfesseln für "Gefährder", mehr Videoüberwachung und eine Nachfolgeregelung für die Vorratsdatenspeicherung. Besonders stößt sich Pilz an der Fußfessel-Idee, diese sei "absoluter Quatsch". Sei diese in einem Verhandlungspaket enthalten, würden die Grünen parlamentarisch keine Verfassungsmehrheit zur Verfügung stellen, kündigte Pilz ein "definitives Nein" an. "Es gibt nix dümmeres, als Terrorismus-Verdächtige mit einer Fußfessel auszustatten." Man könne "Gefährder" nicht genau definieren, auch sei die Einschränkung für Nicht-Verurteilte verfassungswidrig. Man könne nicht jeden kleinkriminellen Jugendlichen mit Migrationshintergrund mit einer Fußfessel ausstatten, formulierte es Pilz gewohnt überspitzt.
Darüber hinaus warne man mittels Fußfessel die Betroffenen und ihr Umfeld, dass sie beobachtet werden. Besser wäre es, die Handys der Verdächtigen "auf solider rechtlicher Basis" umfangreich zu überwachen und so Standort- und Inhaltsdaten zu bekommen. Details dazu müsse man sich genau anschauen, meinte Pilz, eine Massenüberwachung lehnt er freilich ab. Nichts getan werde beispielsweise gegen die Finanzierung des Salafismus seitens Saudi Arabiens und Katar, beklagte Pilz.
Es fehle ein Bundeskanzler, der ein Machtwort für eine vernünftige Sicherheitspolitik spreche, nahm Pilz auch SPÖ-Chef Christian Kern ins Visier. Dessen einziges Projekt sei es, "die Regierung in die Luft zu sprengen". Es funktioniere nur mehr die "Aushöhlung der Menschenrechte und der Bürgerrechte", "sicherheitspolitischer Unsinn", schimpfte Pilz. "Weg mit dieser Regierung", forderte der Abgeordnete. Er richte einen letzten Appell an die Regierung, zu arbeiten, denn bisher habe Kern nur Reden produziert. Der "Plan A" sei offensichtlich ein "Plan Auflösung", der Kanzler wolle Neuwahlen, ist Pilz überzeugt.
Der am Freitag in Wien festgenommene Terrorverdächtige ist nicht der erste derartige Fall in Österreich. Bereits vor rund zehn Jahren hat der Radikalislamist Mohamed M. die Schlagzeilen dominiert. Ebenfalls ein gewichtiger Player in der Szene dürfte der im vergangenen Jahr verurteilte Mirsad O. gewesen sein. Für Aufsehen sorgten u.a. auch die Fälle zweier IS-Heimkehrer.
Der in Wien geborene Sohn ägyptischer Einwanderer Mohamed M. gilt als Radikalislamist, der auch Einfluss auf Salafisten in Österreich und Deutschland ausübt. Er sorgte mit Hasspredigten, Drohvideos und seiner offenen Propaganda für den Heiligen Krieg für Aufsehen. Wegen Bildung und Förderung einer terroristischen Vereinigung wurde M. im März 2008 - und nach Aufhebung des Urteils wegen eines Formfehlers erneut im Februar 2009 - im Zuge des "Wiener Terror-Prozesses" zu vier Jahren Haft verurteilt.
Seine Frau Mona S. erhielt eine 22-monatige Haftstrafe. Beide bekannten sich "nicht schuldig". Nach Verbüßung der vollständigen Strafe veröffentlichte Mohamed M. weitere Videos unter dem Pseudonym "Abu Usama al-Gharib", bevor er sich im Herbst 2011 nach Deutschland absetzte. Zu Österreich brach Mohamed M. die Brücken ab. In einem Video zeigte er, wie er seinen Reisepass verbrannte. Später soll Mohamed M. im syrischen Palmyra an der Ermordung von insgesamt neun Menschen beteiligt gewesen ein. Ein im August 2015 veröffentlichtes Video zeigt ihn, wie er einen vor ihm knienden Mann erschießt, gegen Mohamed M. wird in Österreich deswegen wegen Mordes ermittelt. Sein Verbleib ist unklar; immer wieder kamen danach Zweifel daran auf, ob der Extremist überhaupt noch am Leben ist.
Der mutmaßliche Dschihadist Mirsad O. wurde im Juli des vergangenen Jahres im Grazer Straflandesgericht zu 20 Jahren Haft verurteilt. Er soll als Prediger Männer zur Terrororganisation Islamischer Staat (IS) vermittelt haben. Mirsad O. alias Ebu Tejma soll dafür verantwortlich sein, dass immer wieder junge Männer von Österreich nach Syrien gingen, sich dem IS anschlossen und zum Teil starben. Ein weiterer Angeklagter, der Tschetschene Mucharbek T., soll selbst in Syrien an Massakern beteiligt gewesen sein.
Die Geschworenen befanden, dass Mirsad O. schuldig ist der Verbrechen der terroristischen Organisation und der kriminellen Vereinigung, außerdem Bestimmungstäter für die terroristischen Straftaten Mord und schwere Nötigung. Mucharbek T. wurde ebenfalls in den Punkten terroristische Organisation und kriminelle Vereinigung sowie schwere Nötigung für schuldig befunden. Vom Vorwurf des Mordes wurde er freigesprochen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Ein weiterer Fall betrifft einen damals 16-jährigen IS-Heimkehrer, der im März 2015 bei seiner Einreise am Flughafen Wien-Schwechat festgenommen wurde. Er wurde im Juli zu zweieinhalb Jahren unbedingter Haft verurteilt. Der Wiener hatte sich im Spätsommer 2014 der Terror-Miliz "Islamischer Staat" (IS) angeschlossen. Der junge Mann, der keinen Migrationshintergrund aufweist, war 2014 zum Islam konvertiert und hatte sich radikalisiert. Er reiste schließlich nach Syrien und schloss sich dem IS an.
Zu 20 Monaten unbedingter Haft wurde ein 15-Jähriger im April 2016 in St. Pölten verurteilt. Er stand bereits zum zweiten Mal wegen Dschihadismus vor Gericht, beim ersten Mal wurde er u.a. wegen Planungen, am Wiener Westbahnhof eine Bombe zu zünden, zu einer teilbedingten Haftstrafe verurteilt. Im April des Vorjahres wurde er wegen der Verbrechen der terroristischen Vereinigung und der kriminellen Organisation verurteilt, weil er Propagandamaterial für den "Islamischen Staat" (IS) per Handy versendet hatte. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Eine 17-jährige Schwedin, die sich nach Ansicht der Wiener Strafverfolgungsbehörden der Terror-Miliz "Islamischer Staat" (IS) anschließen wollte, ist im Februar des vergangenen Jahres im Straflandesgericht wegen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung zu einem Jahr Haft verurteilt worden. Ein Monat wurde unbedingt ausgesprochen, den Rest sah der Schöffensenat der Jugendlichen auf Bewährung nach.
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