Nach Angriff: "Ich trage nun eine Baseballkappe über Kippa"

Nach den aktuellen Vorkomnissen wächst die Unsicherheit innerhalb der jüdischen Gemeinde
Attacke auf einen 22-Jährigen, der eine Kippa trug, hat die jüdische Gemeinde in der Leopoldstadt ein Stück weit alarmiert.

In der Leopoldstadt ist die Stimmung angespannt. Viele der Befragten wollen sich einen Tag nach dem Ereignis (wie berichtet wurde ein 22-Jähriger von einem 24-Jährigen auf offener Straße attackiert) bei einem Lokalaugenschein zu dem Thema kaum äußern. Man ist vorsichtiger geworden. Die Mutter einer zwölfköpfigen Familie und ihr Mann möchten ihren Namen nicht in der Zeitung lesen, aus Angst vor Anfeindungen. Seit 35 Jahren lebt sie in Wien, doch mittlerweile gibt es Gegenden, die die Mutter meidet: „In den Odeonpark gehe ich gar nicht mehr. Schon öfters wurden meine Kinder hier vor allem von Jugendlichen islamischen Glaubens angepöbelt und mit antisemitischen Parolen konfrontiert.“ Erst letztens sei ihr Mann auf dem Heimweg von der Synagoge von einem vorbeifahrenden Taxifahrer als „Scheiß Jude“ beschimpft worden. Ihren jüngsten Kindern erlaubt sie das Tragen der Kippa nur noch im zweiten Bezirk. Zu groß sei die Angst, dass ihnen etwas zustoßen könnte.

Erkennungszeichen

Oft sind es religiöse Symbole wie Gebetsbänder oder das Tragen einer Kippa, die zu Vorfällen führen können.

Benni Abramov ist zwanzig, Student und fühlt sich trotz des Vorfalls in Wien sicher. „Zugleich setzt man aber nach solchen Ereignissen auch automatisch Sicherheitsmaßnahmen. Indem man zum Beispiel eine Baseballkappe über der Kippa trägt, so wie heute auch.“ Eddie Ferszt, Inhaber einer Vinothek, trägt dagegen seine Kippa in Österreich immer. Nur im Ausland setze er aus Vorsicht manchmal eine Baseballkappe auf: „Nur für den Fall der Fälle.“

Oskar Deutsch, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), plädiert in einer aktuellen Aussendung für eine Debatte ohne Scheuklappen über Fehler in der Integrationspolitik. Und führt weiter an: „Die jüdische Gemeinde wird sich politisch, juristisch und physisch zur Wehr setzen.“

Zweites Opfer

Der Verdächtige befindet sich in Haft. Eine antisemitische Handlung kann Nina Bussek, Sprecherin der Staatsanwaltschaft nicht bestätigen. Scheinbar kam es laut Staatsanwaltschaft bereits am Mittwoch, zu einer weiteren Körperverletzung durch den Beschuldigten. Laut KURIER-Information dürfte der Verdächtige in der Radingerstraße (U1-Station Vorgartenstraße) eine ältere Dame mit Kopftuch attackiert haben. Zeugin Almira A. berichtet: „Sie hat sich ihre Hände schützend vors Gesicht gehalten. Er hat die Frau buchstäblich durch die Luft geschleudert.“ Erst als einige Passanten eingeschritten waren, hatte der Mann von seinem Opfer abgelassen und sei geflüchtet.

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