Die geständige junge Frau will von der Schwangerschaft nichts bemerkt haben. Zwar habe sie zehn Kilo zugenommen, aber „ich wurde einfach ein bisschen speckiger. Das war kein typischer Schwangerschaftsbauch.“ Als die Richterin sie damit konfrontiert, dass sie nach der Verlässlichkeit von Schwangerschaftstests gegoogelt habe, erklärt sie das mit allgemeinem Interesse. „Einen Test habe ich nie gemacht.“ Außerdem habe sie bis zuletzt ihre Tage gehabt.
Dass ihre Schwangerschaft unauffällig war, dafür spricht, dass weder Freund noch Familie oder Arbeitgeber etwas bemerkten. Das änderte sich schließlich schlagartig am 9. Dezember des Vorjahres, als das junge Paar für einen Kurzurlaub nach Wien kam. Nach einem Christkindlmarktbesuch klagte die Frau über heftige Unterleibsschmerzen. Zudem übergab sie sich mehrfach.
Als am nächsten Tag besorgte Schmerzmittel nicht halfen, schickte sie ihren Freund erneut in die Apotheke und wartete in der Hotelloby. Dort setzten die Wehen ein. Sie schaffte es noch auf die Toilette, wo es zu einer sogenannten Sturzgeburt kam.
Der laut medizinischem Gutachten gesunde 53 Zentimeter große Säugling landete Kopf voraus in der Kloschüssel – der Punkt, an dem das Drama seinen Lauf nahm. „Ich war überfordert. Überall Blut, ein Baby. Ich wusste nicht, was ich machen soll“, schilderte die 22-Jährige die verhängnisvollen Momente.
Minutenlang gewürgt
Was sie dann tat, erklärt Psychiaterin Roßmanith mit einem Dämmerzustand, im Zuge dessen sich Betroffene nach der Geburt „massiv eingeengt“ fühlen. In dem Ausnahmezustand packte sie das männliche Neugeborene „fest und lang“, führte der Staatsanwalt aus. Ein mehrminütiger „Würgegriff“, den das Baby nicht überlebte.
Die Frau wurde schließlich von einer Hotelmitarbeiterin überrascht, konnte diese aber überzeugen, dass sie nur eine extrem starke Regelblutung habe. Unwissentlich entsorgte die Angestellte den in Plastiksäcke gewickelten Leichnam im Hotelmüll. Als die blutende Burgenländerin sich zurück ins Zimmer geschleppt hatte, wählte ihr Freund, mit dem sie noch zusammen ist, den Notruf. Im Spital stellten die Ärzte fest, dass die Patientin ein Kind zur Welt gebracht hatte. Rasch wurde die Leiche vom Hotelpersonal gefunden.
Sechs Wochen saß die Angeklagte daraufhin in Untersuchungshaft. Nachdem sie entlassen wurde, musste sie umziehen: „In meinem Ort bin ich komplett verschrien“, schluchzte die fast kindlich wirkende 22-Jährige, um anzuhängen, dass Familienteile sich abgewandt hätten und sie ihre Nichten und Neffen nicht mehr sehen dürfe.
Dem psychiatrischen Gutachten zufolge geht von der jungen Frau keine Gefahr mehr aus. In Fällen wie ihrem sei das Risiko, dass sie künftigen oder anderen Kindern etwas antun würde, vernachlässigbar bis nicht vorhanden. Diese Einschätzung wurde bei der Urteilsfindung wohl mildernd berücksichtigt.
16 Monate Freiheitsstrafe, die bedingt nachgesehen werden, lautete das Urteil. Es ist mittlerweile rechtskräftig. „Diesen Rucksack müssen Sie ohnehin ihr restliches Leben mittragen. Und sie sollten das auch aufarbeiten“, befand Richterin Salzborn abschließend und legte der Frau eine Therapie nahe. Mit gesenktem Kopf und nickend nahm die junge Frau das zur Kenntnis.
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