Mutter kämpft um Rehabilitierung
Seit sieben Jahren kämpft die 61-jährige Wienerin Stefanie Karl um die Neuaufnahme eines Mordprozesses, der im August 2006 im Wiener Straflandesgericht mit einem Freispruch für den Täter endete. Das Opfer war ihr damals 18-jähriger Sohn Stefan. Nach langen Recherchen bemüht nun die Frau die Oberstaatsanwaltschaft und international anerkannte Forensiker.
Am 12. März 2006 wollte der Lehrling Stefan Karl gemeinsam mit zwei Freunden einen Bekannten in einem Gemeindebau besuchen. Dort kam es zur Konfrontation mit einem 43-jährigen Wohnungsnachbarn, die für Stefan Karl mit einem tödlichen Herzstich endete.
Die entscheidende Frage lautet: Ist der Lehrling in die Wohnung des Nachbarn eingedrungen, wie dieser behauptet – dann war es Notwehr. Oder hat der Nachbar den Lehrling auf dem Gang attackiert – dann wäre es Mord gewesen. Dazu gab es beim Prozess widersprüchliche Zeugenaussagen. Die Geschworenen glaubten der Notwehrversion und sprachen den Nachbarn frei.
Staatsanwältin Susanne Kerbl-Cortella reagierte fassungslos. Sie forderte eine Reform der Strafprozessordnung. Und für Mutter Stefanie brach die Welt zusammen. Sie ermittelt seither auf eigene Faust. Ihre ganze Kraft, auch ihr gesamtes Geld, steckt sie in die Ermittlungen. Sie verbrachte Wochen im Landesgericht, um den dicken Akt zu fotokopieren und zu fotografieren – jeden Tag von 8 bis 15 Uhr. „Niemand kann sich vorstellen, wie es einer Mutter geht, wenn sie Fotos sieht, die den geöffneten Leichnam des Sohnes auf dem Seziertisch der Gerichtsmedizin zeigen“, sagt Stefanie Karl.
Blutspuren
Fündig wurde die Frau bei den Tatortfotos. Da ist zu sehen, dass die massiven Blutspuren erst im Stiegenhaus beginnen – nicht im Vorzimmer, wo sich der angebliche Kampf abgespielt hat. Auch der Zustand der Eingangstür würde gegen ein Eindringen des Sohnes sprechen, sagt Karl. Sie hat bei der Oberstaatsanwaltschaft Beschwerde eingelegt. Diese wird nun geprüft.
Karl kam auch in Kontakt mit einer international anerkannten Forensikerin in Deutschland, die auf Untersuchung von Blutspuren spezialisiert ist. Die Forensikerin hat nun Tatortbeschreibung, Täteraussagen, Lichtbilder, Zeugenaussagen und Urteil angefordert. Von ihrem Urteil wird es abhängen, ob der Fall neu aufgerollt wird.
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