Infos an Muslimbruderschaft? Maulwurf beim Staatsschutz aufgeflogen

In Reihen der Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) sorgt ein angeblicher Maulwurf bzw. Spionagefall aktuell für Aufsehen. Ein DSN-Beamter steht im Verdacht, heikle Interna und Informationen aus den Reihen des Verfassungsschutzes an Mitglieder der radikal-islamischen Muslimbruderschaft weitergegeben zu haben.
Das Innenministerium bestätigt den Fall.
"Kontrolle hat gegriffen"
Am 7. Oktober 2025 wurde ein vorübergehend dienstzugeteilter Bediensteter der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) vorläufig suspendiert, reagiert das Innenministerium am Mittwoch auf einen Bericht des Nachrichtenmagazins profil.
"Die internen Kontrollmechanismen, die im Zuge der Neuaufstellung der DSN im Jahr 2021 implementiert wurden, haben gegriffen und maßgeblich dazu beigetragen, das Fehlverhalten aufzudecken“, heißt es aus dem BMI.
Die verdächtige Person wurde im Rahmen dieser internen Kontrollmaßnahmen identifiziert, nachdem eine mögliche Verbindung zu einer unter Beobachtung stehenden Gruppierung festgestellt worden war, heißt es in einer Stellungnahme.
Unter Beobachtung gestanden
Gemeint ist damit die radikal-islamische Muslimbruderschaft. Der Bedienstete war laut Angeben des Innenministeriums seit mehreren Monaten bei der DSN tätig. Der "dienstzugeteilte Beamte“ hatte zu keiner Zeit Zugriff auf nachrichtendienstliche Informationen, erklärt ein Sprecher des BMI.
Der Ermittler soll einige Zeit von DSN-Mitarbeitern selbst observiert und kontrolliert worden sein. "Nach eingehender Beobachtung und Bewertung der Auffälligkeiten ergaben sich konkrete Anhaltspunkte, die eine vorläufige Suspendierung erforderlich machten“, erklärt das Ministerium.

DSN-Leiter Omar Haijawi-Pirchner tritt mit Jahresende zurück
Die Hinweise werden derzeit unter der Leitung der Staatsanwaltschaft Wien umfassend geprüft. Wie das profil berichtet, arbeitete der Verdächtige im Bereich Terrorismus bei der DSN. Demnach soll er Personen aus dem Dunstkreis der Muslimbruderschaft darüber informiert haben, dass gegen sie ermittelt wird.
Wie es bei der Staatsanwaltschaft Wien heißt, soll der Beschuldigte in den vergangenen Monaten an mehreren Tagen interne Datenabfragen "ohne konkretes dienstliches Interesse und ohne dienstliche Veranlassung“ getätigt haben. Diese unzulässigen Abfragen sollen "einen Bezug zur Muslimbruderschaft" gehabt haben, meinte Behördensprecherin Judith Ziska. Ob es zu einer Weitergabe der Informationen gekommen ist, wird derzeit noch abgeklärt, so die Staatsanwaltschaft.
Keine Festnahme
Entgegen Medienberichten, sei der Beschuldigte nicht festgenommen worden, berichtete die Staatsanwaltschaft-Sprecherin: "Es wurde aber seine Vorführung zur sofortigen Vernehmung angeordnet, die bereits stattgefunden hat.“ Bei dem Mann sei auch eine Hausdurchsuchung durchgeführt worden, das sichergestellte Beweismaterial würde nun schnellstmöglich ausgewertet, berichtete Ziska.
Ermittelt wird des Verdachts auf Amtsmissbrauch.
Die DSN war erst im September in den Schlagzeilen, nachdem ihr Leiter überraschend angekündigt hatte, seinen Chefposten zu räumen. Omar Haijawi-Pirchner, seit Dezember 2021 Leiter der Direktion Staatsschutz Nachrichtendienst (DSN) tritt mit Jahresende und damit elf Monate vor Ende seiner Amtszeit zurück. Aus "privaten Grünen", wie er erklärte.
Unterwanderung?
Bei der FPÖ spricht man nach dem bekannt gewordenen Fall von einem "Sicherheits-Gau". "Wenn es ein islamfreundlicher Spion, der Infos an die Muslimbruderschaft weitergebeben haben soll, bis ins Innerste des Staatsschutzes schafft, ist das ein unmittelbarer Anlass zur größten Sorge“, sagt FPÖ Niederösterreich Landesparteiobmann Udo Landbauer.
Der Schlagabtausch zwischen FPÖ und ÖVP um die Vorgänge im Verfassungsschutz kommt nicht von ungefähr. Die Vorgänger-Organisation des DSN, das Bundesamt für Verfassungsschutz (BVT), war nach einer rechtswidrigen Razzia unter dem damaligen Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) 2018 aufgelöst worden. Omar Haijawi-Pirchner habe danach die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst neu aufgebaut und zu dem gemacht, was sie heute ist, meint der jetzige Innenminister Gerhard Karner (ÖVP).
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