Multikultureller Kindergarten: Weihnachten ist Pflicht

Multikultureller Kindergarten: Weihnachten ist Pflicht
In allen Wiener Kindergärten wird die Geburt Jesu gefeiert – auch in den islamischen.

An den bunten Wänden hängen Papier-Nikolos, von der Decke baumeln Christbaumkugeln, auf kleinen Tischchen liegt Lebkuchen und auf einem Regal steht das Bilderbuch "Wann ist endlich Weihnachten?". Christliche oder islamische Symbole findet man nirgends. Wüsste man es nicht, würde man nicht bemerken, dass es sich bei "Future Kids" in der Meidlinger Fockygasse um einen multikulturellen Kindergarten mit 80 Prozent muslimischen Kindern handelt. Kreuze gibt es hier ebenso wenig wie arabische Schriftzeichen.

Brauchtum vermitteln

Beim KURIER-Lokalaugenschein am 23. Dezember sitzen die Kinder gerade andächtig um einen Adventkranz im Kreis. Nachdem sie Kekse naschen durften, ein Weihnachtslied gesungen und kleine Geschenke bekommen haben, erzählt Pädagogin Rosa den Drei- bis Sechsjährigen die Geschichte von Maria und Josef. Ahmed, Malik, Lisa, Lukas und die anderen lauschen gespannt und stellen kluge Fragen. So will etwa ein Mädchen wissen, warum die schwangere Maria in Bethlehem lieber einen Stall als ein Krankenhaus aufsuchte.

Dass muslimischen Kindern das christliche Weihnachten nahegebracht wird, ist nicht weiter verwunderlich. Zum einen schreibt der Wiener Bildungsplan die Wahrung österreichischer Traditionen verpflichtend vor. Zum anderen wird im "Future Kids"-Kindergarten ohnehin Wert auf Multikulturalität gelegt, erklärt Obfrau Samara El Khuli, die selbst Muslimin ist. Weihnachten und Ostern werden ebenso gemeinsam gefeiert, wie das islamische Opfer- oder das Zuckerfest. Und zwar auf spielerische Art und Weise. Aus der Bibel oder dem Koran liest niemand vor und Besuche von Kirche oder Moschee gibt es auch nicht.

"Religion ist etwas Privates, die gehört nicht in den Kindergarten", erläutert El Khuli die pädagogische Praxis. "Aber wir leben in einem katholischen Land, die christlichen Feste gehören hier zur Tradition. Es geht darum, den Kindern das Brauchtum zu vermitteln und um ein friedliches Miteinander. Wenn man sich nicht integriert und gegen die Traditionen des Landes, in dem man lebt, ankämpft, wird man sich immer alleine fühlen."

Wiener Bildungsplan

Dieses "Prinzip der Vielfalt" ist auch im Wiener Bildungsplan verankert, erklärt Kindergarten-Kontrollorin Doris Lefebure von der MAG 11 (Amt für Kinder und Familie). Die Arbeit, die sie und elf Kollegen in den 785 privaten und 405 städtischen Kindergärten sowie in 658 Kindergruppen leisten, rückte voriges Jahr ins Rampenlicht, nachdem der Religionspädagoge Ednan Aslan seinen umstrittenen Vorbericht über den mutmaßlichen Einfluss des politischen Islam in den geschätzten 150 muslimischen Kindergärten veröffentlicht hatte.

Im Rahmen der unangemeldeten Kontrollen der Kindergärten werden unter anderem Vorbereitung, Planung und Umsetzung von christlichen Feiern überprüft. Denn egal, welcher Religion ein Betreiber selbst angehören mag – die (kindgerechte) Vermittlung der österreichischen Traditionen ist Pflicht. "Dazu gehört, dass die Feste auch beim richtigen Namen genannt werden", sagt Lefebure.

Gerade was das betrifft, müsse dem einen oder anderen Kindergarten-Betreiber mitunter auf die Sprünge geholfen werden. So mancher wolle die Eltern andersgläubiger Kinder nämlich nicht vor den Kopf stoßen und gebe den christlichen Festen neutrale Namen. "Aber das Weihnachtsfest ist kein Winterfest und das Laternenfest- kein Lichterfest."

Die schwarzen Schafe seien allerdings die absolute Ausnahme, betont Lefebure. An den drei Standorten der "Future Kids" gibt es für die Kontrollorin jedenfalls nichts zu beanstanden. "Die Eltern sind alle einverstanden", versichert El Khuli. "Und die Kinder freuen sich."

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