Mit „Verhüterli“ sicher durch den Winter radeln
Bei leichten Minusgraden fährt Georg Brockmeyer noch ohne. „Bei minus zehn Grad kommt dann die lange Unterhose zum Einsatz“, sagt der 37-Jährige. Der gebürtige Deutsche ist Ganzjahresradler. Ob die Sonne scheint, ob es regnet oder schneit – der Kommunikationsexperte ist immer auf seinem schwarzen Stadtrad unterwegs – meist im Anzug.
Das liegt wohl an seinem Geburtsort Freiburg. Die deutsche Stadt ist eine Stadt der Radfahrer. „30 Prozent der Wege in Freiburg werden mit dem Rad zurückgelegt. Zwei Drittel davon auch im Winter“, erklärt Bernhard Gutzmer, Radbeauftragter der deutschen Stadt.
„Als Kinder sind wir alle mit dem Rad in die Schule gefahren“, erzählt Brockmeyer. Als er 1998 zum Studium nach Wien kam, war er überrascht: „Vor der Hauptuni gab es drei, vier Radbügel, das war’s.“ Auch wenn sich mittlerweile einiges geändert hat: „Wien ist noch immer ein Schwellenland im Radverkehr“, sagt er (siehe Hintergrund). Damit sich das ändert, braucht es auch Vorbilder wie ihn. Jeden Tag fährt er neun Kilometer in seine Arbeit und auch wieder zurück. Auf mehr als 4000 Kilometer kommt er dabei pro Jahr. „Letztes Jahr gab es auch im Winter keinen Tag, an dem ich nicht gefahren bin, und ich war immer schneller unterwegs als mit dem Auto oder den Öffis.“
„Verhüterli“ für Sattel
Dafür braucht es jedoch einige Vorbereitungen. Licht, Reflektoren, ordentliche Bremsen sind Pflicht. Statt einer Felgen- hat Brockmeyer eine Trommelbremse. „Die ist vor Nässe geschützt.“ Auch die Kette sollte mit einem Blech verdeckt sein. „Schützt ebenfalls vor Nässe, aber auch den Anzug vor Verschmutzungen.“ Wichtig ist auch das „Verhüterli“ für den Sattel, so bleibt der Hintern immer trocken. Bei Minusgraden kommen bei Brockmeyer Spezialhandschuhe aus Wollwalk zum Einsatz. Für die Füße schwört er auf Socken aus feiner Wolle. Für den Kopf genügt eine Haube.
Aber warum tut er sich das alles an? „ Es ist einfach schön, wenn alles angezuckert ist, durch die Gassen zu radeln.“ Nur auf Straßenbahnschienen könnte er gerne verzichten: „Auf denen musst du höllisch aufpassen.“
2011 betrug der Anteil der Radfahrer am Gesamtverkehr nur sechs Prozent. Dank der Verbesserungen für Radler unter Rot-Grün stiegen die Zahlen an. Im Zeitraum Jänner bis November 2012 wurden in Wien an den Zählstellen um 11 Prozent mehr Radler gezählt als im Vergleichszeitraum 2011. Am Ring gab es gar eine Steigerung von 15 Prozent. „Man sieht, dass dort wo Radwege gebaut werden – etwa am Äußeren Ring – die Infrastruktur auch angenommen wird“, sagt Wiens Radkoordinator Martin Blum. In der warmen Jahreszeit treten derzeit knapp 270.000 Radler ein oder mehrmals in der Woche in die Pedale, im Winter jedoch nur ein Drittel. „In Kopenhagen radeln 80 Prozent im Winter. Hier gibt es noch viel zu tun“, sagt Blum. 2013 soll daher das Jahr des Rades werden. „Beim Silvesterpfad am Heldenplatz wird ein Radler das große Feuerwerk zum Jahreswechsel entzünden.“
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