Missbrauch: Vorwürfe gegen einen Lehrer immer massiver

Ein Lehrer soll am Kollegium Kalksburg einen Zögling missbraucht haben. Ein Verfahren dazu wurde nun eingestellt.
Immer mehr Zeugen melden sich beim KURIER. Die ersten Vorfälle sollen sich bereits 1979 ereignet haben.

Der Missbrauchsverdacht gegen den Lehrer eines Wiener Gymnasiums weitet sich immer mehr zu einem Skandal aus. Weitere ehemalige Schüler berichten über sexuelle Übergriffe durch Mag. S. in seiner Zeit als Nachtpräfekt im Kollegium Kalksburg. Ein ehemaliger Kollege spricht von Gerüchten, die schon in den 1980er- und 1990er-Jahren über S. verbreitet wurden. Und der Teilnehmer eines Ferienhortes im Salzkammergut gibt im KURIER-Interview an, dort von S. in den Jahren 1979 bis 1982 oftmals sexuell missbraucht worden zu sein.

Mag. S., 56, ist nicht nur Lehrer in einem Gymnasium in Wien (seit 1988), sondern war zuvor in Kalksburg als Erzieher tätig. Er leitete über lange Zeit auch eine Jungschargruppe und arbeitete – unabhängig vom Jesuiten-Internat Kalksburg – über Jahre hinweg im Ferienhort am Wolfgangsee, wo er sogar zum pädagogischen Leiter aufstieg. Jetzt wird er von einem ehemaligen Kalksburg-Schüler geklagt.

Ferienhort

„Ich wurde von Mag. S. auch missbraucht“, erklärt Herr Thomas (vollständiger Name der Redaktion bekannt) im KURIER-Gespräch. „Als Kind war ich in den Sommerferien immer mehrere Wochen im Ferienhort am Wolfgangsee“, sagt der heute 47-Jährige. „Begonnen hat alles unter dem Titel der Aufklärung und Hygiene, wo er einem wie irrtümlich auf die Geschlechtsteile gegriffen hat“, erinnert sich Herr Thomas. „Da hat S. sondiert, welche Buben körperlich schon so weit waren.“ Und die, die besonders zuneigungsbedürftig gewesen seien, habe S. mit ins Zimmer genommen. „Ich wurde vier Jahre lang von ihm missbraucht und ich könnte noch fünf weitere Betroffene nennen.“

1980 soll Herr Thomas, als 13-Jähriger, bei einer Zugreise durch Österreich ebenfalls von S. missbraucht worden sein. „Auch andere Buben waren betroffen. Die waren alle aus Kalksburg.“

Ein ehemaliger Pädagoge des Ferienhortes, nunmehr Gymnasialdirektor in Niederösterreich, bestätigt, dass S. im Hort am Wolfgangsee – mit kurzer Pause – weit über ein Jahrzehnt gearbeitet hat. „Man hat über ihn gemunkelt, dass er kleine Buben gern hat. Mir ist aber nie aufgefallen, dass er einen missbraucht hat.“

Wenn man mit ehemaligen Kalksburg-Schülern über den Ex-Erzieher Mag. S. spricht, erntet man zu Beginn meist Schweigen. „Ich kann über die Zeit nicht sprechen. Aber es ist sicher etwas vorgefallen“, sagt ein Ex-Schüler, der anonym bleiben will.

„Er hat unser erstes jugendliches Interesse geweckt – durch eine plakative Offenheit und durch direktes Ansprechen von Sexualpraktiken“, erinnert sich ein weiterer Schüler des Maturajahrgangs 1988. Zudem habe er sexuelle Übergriffe durch S. beobachtet.

„Auch geküsst“

Auch Herr Christian (Name der Redaktion bekannt) kann sich gut an die Schulzeit erinnern. S. habe sich Buben auf den Schoß gesetzt und sie gestreichelt. „Manchmal auch mit dem Mund geküsst.“ Sei man zu S. ins Zimmer gekommen, um etwas zu holen, oder eine Frage zu stellen, habe dieser nicht selten gemeint: „Komm, setz’ dich her da.“ Und auf seinen Schoß gedeutet.

Herr Thomas und Herr Christian werden demnächst als Zeugen vor Gericht aussagen. Wie berichtet, hat ein weiterer ehemaliger Kalksburg-Schüler die Jesuiten (damals Eigentümer des Internats) und Mag. S. auf Schadenersatz geklagt. Er wirft S. jahrelangen sexuellen Missbrauch vor. Weitere Zeugen haben sich bei Anwalt Johannes Öhlböck gemeldet, der den Kläger vertritt.

Mag. S., bislang unbescholten, sagte im KURIER-Interview, dass er schon für die Schadenersatzzahlung spare. Gegenüber dem Wiener Stadtschulrat hat er diese Aussage jedoch bestritten.

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