Das Leben als Mindestpensionistin: Eine Betroffene erzählt

Frau E., sie möchte ihren vollen Namen nicht in der Zeitung lesen, sitzt bei der Caritas Sozialberatung in Wien. Die 70-Jährige ist Mindestpensionistin. „Zusätzlich zu meiner kleinen Pension bekomme ich eine Ausgleichzulage“, sagt sie.
Im Monat hat sie damit 1.200 Euro zur Verfügung. Damit muss sie die Miete bezahlen, ihr Essen und alles, was sie sonst braucht.
Die aktuelle Armutsgefährdungsschwelle beträgt 1.572 Euro im Monat für einen Ein-Personen-Haushalt. Und dennoch: „Es geht sich aus, wenn man sich darum kümmert, wichtige Dinge zu organisieren“, erklärt sie, nach eigener Definition „ein „übertrieben positiver Mensch“. Vorausgesetzt, es passiert nichts Unvorhergesehenes. Dann wird es eng – oder allein gar nicht mehr stemmbar.
Frau E. ist mit ihrer Situation nicht alleine. 28 Prozent der alleinlebenden Frauen in Pension sind laut Caritas armutsgefährdet. Sie haben im Schnitt rund 920 Euro brutto weniger im Monat als Männer. „Das liegt daran, dass Frauen über ihren gesamten Lebenslauf benachteiligt sind. Frauen übernehmen etwa den Großteil der Care-Arbeit“, sagt Anna Parr, Generalsekretärin der Caritas Österreich.
Alleinerzieherinnen besonders betroffen
Wie der KURIER vor wenigen Tagen berichtete, zeigt sich das unter anderem auch bei den 855 Klienten in den Sozialberatungsstellen in Eisenstadt, Neusiedl, Oberwart und Güssing. Zwei Drittel der Ersthilfesuchenden sind Frauen, viele davon Alleinerzieherinnen. Geld für das Alter zurückzulegen, ist keine Option, wenn es schon im Jetzt nicht reicht.
Anfang des Jahres gaben laut Statistik Austria 32 Prozent der Alleinerzieherinnen an, Schwierigkeiten zu haben, mit ihrem Einkommen auszukommen. Frau E. hat einige Jahre im Ausland gearbeitet, als Lehrerin. Allerdings nur wenige Stunden, sie hatte schließlich auch Kinder. Nach Österreich sei sie zurückgekommen, um ihre kranke Mutter zu pflegen.
Pensionslücke
Frauen haben im Schnitt rund 920 Euro brutto weniger im Monat als Männer zur Verfügung
Aktion
Die Caritas will darum nun mit 90.000 Euro den Gender Pension Gap (Pensionslücke, Anm.) von 100 Frauen symbolisch schließen.
Spendenkonto:
Erste Bank
BIC: GIBAATWWXXX
IBAN: AT23 2011 1000 0123 4560
Zweck: „Close the Gap“
Nach ihrem Tod habe sie psychologisch betreut werden müssen. „Ich war nicht mehr in der Lage, ins Berufsleben zurückzukehren“, erzählt sie. Einkaufen geht die Pensionistin in den Sozialmarkt, Kleidung kauft sie bei Humana. Dank des Kulturpasses kann sie gratis in Museen oder ins Kino gehen.
Mit dem Mobilpass kann sie um 18 Euro im Monat die öffentlichen Verkehrsmittel benutzen. „Mit dem kann man auch in der Volkshochschule günstigere Kurse besuchen“, hat Frau E. herausgefunden. Sie hat einen Französischkurs absolviert, um 7 Euro. Der reguläre Preis wäre 60 Euro gewesen und damit für sie keinesfalls leistbar.
Einsamkeit verhindern
Mit all diesen Aktivitäten entgeht sie einer großen Gefahr, die mit Armut oft einhergeht: der Einsamkeit. Wenige finanzielle Möglichkeiten, Ausgrenzung, Scham, all das führt dazu, dass sich armutsbetroffene Menschen oft zurückziehen und dadurch auch die psychische Last alleine tragen müssen.

Einkaufen geht die Pensionistin in den Sozialmarkt, Kleidung kauft sie bei Humana.
Diese Last, die spürt Frau E. auch. Es gibt viele Unterstützungsmöglichkeiten, aber diese zu finden und sich auch darum zu kümmern, sei mit sehr viel Druck verbunden. Oder auch mit Herausforderungen.
Notwendige Dokumente auszufüllen, sei etwa oft gar nicht so einfach, wenn man nicht computerfit ist – oder man, wie Frau E., aus finanziellen Gründen gar keinen Computer hat. Bekannte um Hilfe zu bitten, ist mit einer großen Schwelle verbunden, schließlich muss man da offenlegen, wie es finanziell wirklich aussieht.
Unvorhergesehene Ausgaben
Wenn unvorhersehbare Ausgaben, kaputte Elektrogeräte oder steigende Energierechnungen hinzukommen, sei es ohne Einrichtungen wie der Sozialberatung gar nicht mehr zu schaffen.
Von all diesen Sorgen wäre Frau E. gerne befreit. Nicht einmal für sich. „Ich habe mittlerweile Freunde, die an Krebs erkrankt sind. Meine Energie würde ich lieber darauf verwenden, für sie da zu sein.“
Hilfen, wenn es finanziell eng wird
- Ausgleichszulage Diese soll jeder Person, die eine Pension bezieht und ihren rechtmäßigen, gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, ein Mindesteinkommen sichern. Das monatliche Einkommen als Alleinstehende muss weniger als 1.217,96 Euro und als Ehepaar weniger als 1.921,46 Euro betragen.
- Mobilpass Mit dem Mobilpass bekommen einkommensschwache Menschen in Wien zahlreiche Vergünstigungen, darunter eine vergünstigte Jahreskarte, vergünstigte Preise bei den Wiener Volkshochschulen oder eine ermäßigte Jahreskarte für die Büchereien (Servicetelefon 4000-8040).
- Beratung Kostenlose Beratung zur Wiener Mindestsicherung gibt es bei der Wiener Sozialberatung (www.sozialberatungwien.at). Wenn Sie die Miete nicht bezahlen können, wenn Sie mit hohen Stromkosten oder Nachzahlungen kämpfen oder sich in anderen sozialen und finanziellen Notlagen befinden, können Sie sich an die Caritas wenden (www.caritas.at). In den Sozialberatungsstellen Neusiedl am See (Kardinal-Franz-König Platz 1), Eisenstadt (Joseph-Haydn-Gasse 18/10) und Oberwart (Steinamangererstraße 4/2) werden Menschen unterstützt, die in existenziellen Notsituationen Rat suchen.
- Kulturpass Mit diesem Ausweis erhalten sozial benachteiligte Menschen freien Eintritt in zahlreiche kulturelle Einrichtungen. Informationen dazu finden Sie auf www.hungeraufkunstundkultur.at
Einkaufen In den SOMA-Sozialmärkten des Wiener Hilfswerks sind Personen einkaufsberechtigt, die ihren Hauptwohnsitz in Wien haben und im Monat ein maximales Einkommen nicht überschreiten, z. B. als Einzelperson 1.572 Euro zwölf Mal im Jahr. (www.hilfswerk.at). In den Le+O-Sozialmärkten werden gespendete und gerettete Lebensmittel an armutsbetroffene Menschen ausgeteilt. Es gibt dort auch kostenlose Beratungs- und Orientierungsangebote (www.caritas-leo.at). - Förderungen Das Land Burgenland bietet mit Förderungen „Hilfe in besonderen Lebenslagen“. Darunter fallen unter anderem die Anschaffung von Hausrat (Grundausstattung bzw. Reparaturen von notwendigen Haushaltsgegenständen) oder auch Mietrückstände. Infos: www.burgenland.at/themen/soziales/sozialhilfe/hilfe-in-besonderen-lebenslagen
- Tagesausflug Einmal im Jahr veranstaltet die Stadt Eisenstadt einen unentgeltlichen Tagesausflug für Pensionisten mit Mindestpension.
Infos: 01/2682-705-0 oder eMail rathaus@eisenstadt.at
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