Michael Ludwigs Gratwanderung

Ludwig, Häupl
Er muss seine Gegner einbinden, aber auch diese dürfen den Bogen nicht überspannen.

Eine Woche nach der Kür von Michael Ludwig zum neuen Wiener SPÖ-Chef wird hinter den Kulissen weiter über die inhaltliche und personelle Neuaufstellung der Partei diskutiert. "Die Gespräche gehen intensiv weiter", sagt ein Ludwig-Sprecher. Am Programm stehe in den kommenden Tagen unter anderem ein Treffen mit dem grünen Koalitionspartner.Wann es zu ersten personellen Veränderungen kommen wird, etwa im Parteimanagement, ist aber noch offen. Ebenso der Termin für die von Ludwig angekündigte Strategie-Klausur, mit der die Partei bereits für die Wien-Wahl 2020 ausgerichtet werden soll. Laut dem Ludwig-Sprecher werde sie jedenfalls noch im ersten Halbjahr über die Bühne geben.

Laut Kennern der Partei spreche derzeit viel dafür, dass die Übergabe des Bürgermeister-Amts tatsächlich erst Ende Mai erfolgen wird – so wie das auch von Michael Häupl gewünscht wird. Denn dadurch bleibe Ludwig noch genügend Zeit, die Partei hinter sich zu vereinen. Als Bürgermeister hätte er dafür aufgrund seines Amtes eingeschränktere Kapazitäten. Und genügend Kapazitäten braucht es auf alle Fälle, wo doch am Parteitag Ende Jänner immerhin 43 Prozent der Delegierten nicht für den Wohnbaustadtrat gestimmt haben.

Derzeit wird quer durch die Partei beteuert, dass man sich geschlossen hinter den neuen Chef stellen werde. Dennoch wird Ludwig dafür sorgen müssen, dass sich auch jene, die ihn beim Parteitag nicht unterstützt haben, sich in der Stadtregierung und im Führungsteam der Partei wiederfinden.

Stadträte

Heikel wird die mögliche Neubesetzung der Ressorts Finanzen (derzeit Renate Brauner) und Gesundheit (Sandra Frauenberger), die sich viele Ludwig-Unterstützer wünschen. Rein formell hat der Parteichef allein keine Handhabe, Stadträte, die vom Gemeinderat gewählt sind, auszutauschen. Das reicht diesen zumindest als Druckmittel, um ihren Interessen Nachdruck zu verleihen. Den Bogen überspannen dürfen aber auch sie nicht: Machen sie nicht Platz, riskieren sie eine veritable Partei- und Regierungskrise – vor allem, wenn es in den Parteigremien ein Votum für den Umbau des Regierungsteams gibt. Wovon auch auszugehen ist: "Denn es wäre absurd, wenn sich die dortigen Vertreter gegen ihren neuen Chef stellen würden", heißt es aus Parteikreisen. "Und es besteht ein grundsätzliches Interesse daran, dass die Landespartei überlebt."

Eine zentrale Rolle in diesen Verhandlungen über Personal und innerparteilichem Ausgleich könnte Ludwigs unterlegener Gegenkandidat Andreas Schieder spielen. "Es wäre nur logisch, wenn er die Interessen der 43 Prozent vertritt", sagt ein Genosse.

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