Michael Ludwig: "Man beginnt bei jeder Wahl bei Null"

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Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig war am Dienstagabend Gast in der ORF ZIB2. Als sicherer Wahlsieger will er sich nicht sehen.

Am 11. Oktober wählt die Bundeshauptstadt einen neuen Landtag und Gemeinderat. Alle Umfragen sehen derzeit die SPÖ klar auf dem ersten Platz, teilweise mit deutlich über 40 Prozent. Dennoch will sich Michael Ludwig vorab nicht als sicherer Wahlsieger bezeichnen - schließlich sei die SPÖ beispielsweise auch in Wiener Neustadt von einer Fünferkoalition vom Regieren abgehalten worden, wie er erklärt.

Man müsse von dem Gedanken wegkommen, dass es fixe Stammwähler gibt, die Wechselwähler werden immer mehr, führte Ludwig in der ZIB2 aus. Sein Ziel sei es, das Ergebnis der letzten Wien-Wahl zu halten, das sei schließlich "ein gutes Ergebnis" gewesen (2015 erreichte die SPÖ 39,6 Prozent).

Ob das nicht ein viel zu niederiges Ziel sei, könnten doch bis zu 150.000 Stimmen ehemaliger FPÖ-Wähler frei werden, will Moderator Armin Wolf von Ludwig wissen. Dieser antwortet nur knapp: "Man beginnt bei jeder Wahl bei Null".

Auch bezüglich eines möglichen Koalitionspartners nach der Wahl will sich Ludwig nicht festlegen: Die aufrechte Koalition mit den Grünen sei gut, aber nach der Wahl stelle sich eine neue Vertrauenfrage. Einzig eine Koalition mit der FPÖ und dem Team HC schließt der Bürgermeister aus.

Zur Variante mit der ÖVP sagt Ludwig, dass er es bedauerlich finde, dass die Bundesregierung immer Wien als Feindbild benötige, obwohl man in der Krise "an einem Strang ziehen sollte". Die Neos hätten sich auch angeboten, meint Wolf und Ludwig erinnert daran, dass die Neos einen SPÖ-Bürgermeister verhindern wollten.

340 neue Corona-Fälle in Wien

Der erste Teil des Interviews stand ganz im Zeichen der Corona-Krise. Dass der Wahl-Termin wackeln könnte, weil die Ampel in Wien auf Orange springen könnte, hält Ludwig für unwahrscheinlich. Man habe sich vorbereitet, die Wahlkarten beworben und in den Wahllokalen werden Ordner für Sicherheit sorgen.

Dass Wien derzeit zwei Drittel aller Neuinfektionen verzeichnet, ist für Ludwig "ein Zeichen, dass man das Virus immer noch ernst nehmen muss". Die hohen Zahlen würden an der Anzahl der Tests und an der Teststrategie Wiens liegen, weil auch Menschen ohne Symptome getestet werden.

In Kärnten und im Burgenland wird mehr oder gleich viel getestet, hakt Armin Wolf nach. "Wir testen auch in Großbetrieben und finden Cluster, die sonst nicht gefunden werden", sagt Ludwig. Man hätte so schon 4.000 Fälle ohne Symptome entdeckt.

Wolf berichtet von Fällen, die teils drei bis vier Tage auf einen Test, dann wieder so lange auf das Ergebnis und noch länger auf den Bescheid gewartet hätten - für Ludwig sind das "Einzelfälle". Man teste einfach mehr, werde aber auch die Mitarbeiter aufstocken.

460 Kilometer Radwege

Wenig konkret wird Ludwig auch, als Wolf ihn auf einen Teil seines Wahlprogramms anspricht, wonach es Ziel der SPÖ sei, 460 Kilometer neuer Radwege zu schaffen. Dafür müsse man 130.000 bis 180.000 Parkplätze abschaffen, zitiert Wolf aus einer Studie. "Ich kenne diese Studie nicht", antwortet Ludwig. Beim Thema Verkehr sei die SPÖ nicht gegen Radwege, auch wenn man bei einzelnen skeptisch sei. Man sei eben für ein "gutes Miteinander" aller Verkehrsteilnehmer.

Dass bei der Wien-Wahl nur wählen dürfe, wer die österreichische Staatsbürgerschaft hat - das soll laut Ludwig so bleiben. Das sagte er aber erst nach mehrmaligem Nachfragen von Wolf und nachdem er mehrmals betonte, dass das Bundessache sei. Er sei aber dafür, dass Wiener ohne Staatsbürgerschaft auf Bezirksebene oder bei Petitionen eingebunden werden.

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