Messer-Mord: 15-Jähriger entriss tobendem Täter die Waffe
Das war der Adrenalinschub meines Lebens. Ich war um 7.30 Uhr am Weg zur Schule und 30 bis 40 Meter von der Messerattacke entfernt. Der Täter hob gerade sein Messer. Er hatte es mit der Klinge nach unten in Schulterhöhe in der rechten Faust“, schildert der 15-jährige Schüler Michael B. die tödliche Messer-Attacke von Donnerstagfrüh Ecke Pachmayergasse/Simmeringer Hauptstraße.
„Sofort begann ich zu laufen. Denn mein Instinkt sagte mir, was kommen musste. Wie oft der Mann zugestochen hat, kann ich nicht sagen, aber ich rannte so schnell wie möglich zu der Frau und dem Mann. Sie stand mit dem Rücken zu ihm. Noch während ich lief, fiel das Opfer mit grellen Schreien zu Boden“, erzählt der junge Mann mit gefasster Stimme. „Plötzlich waren da drei Männer und rissen den Messerstecher zu Boden. Ein oder zwei Sekunden später befand ich mich mitten im Handgemenge.“
In der Nacht auf Freitag, schlief Michael B. „wegen Albträumen sehr schlecht“. Trotzdem ging er Freitagvormittag zur Befragung der Polizei und danach zur Schule. In Mathematik hat er im Zeugnis einen Dreier: „Da muss ich noch eine Prüfung auf einen Zweier schreiben, damit mich nächstes Schuljahr die HTL nimmt.“ Sein Vater gratulierte ihm zur Courage, warnte ihn aber vor zu viel Risiko. Und sein stolzer Bruder, 10, sagte am Abend: „Ich will so werden wie du.“
Justizpanne?
Heftige Kritik übten die Vertreterinnen der Frauenhäuser. Maria Rösselhumer, Geschäftsführerin, redete Freitag Klartext: „Es ist unverständlich, warum der Beschuldigte nicht schon viel früher in U-Haft genommen wurde. Gegen den 53-Jährigen lagen mehrere Anzeigen wegen Körperverletzung vor.“
Laut Paragraf 107b des Strafgesetzbuchs – fortgesetzte Gewaltausübung – wäre Haft möglich gewesen. Rösselhumer forderte von der Justiz verstärkte Anstrengungen für den Opferschutz. Darunter fallen die Dokumentation von Anzeigen sowie die Verbesserung bei der Gefährlichkeitseinschätzung durch die Staatsanwaltschaft. Auch Schulungen der Staatsanwälte zum Thema „Gewalt in der Familie“ müssen verankert werden.
Nachdem gestern ein Mann auf offener Straße seine 34-jährige Noch-Ehefrau getötet hatte schlagen die Frauenhäuser Alarm. Der Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser und die Frauenhäuser fordern von der Justiz einen verstärkten Opferschutz, aber auch verpflichtende Schulungen für Justizmitarbeiter. Die Frau hatte in einem Wiener Frauenhaus Schutz gesucht - vergeblich. Der Täter sei der Polizei und Justiz wegen seiner Gewalttätigkeit seit Monaten bekannt gewesen. Er wurde bereits drei Mal von der Polizei weggewiesen. Mehrere Anzeigen wegen Gewalt gegen seine Frau liegen vor. Strafrechtliche Konsequenzen gab es jedoch keine, kritisieren die Frauenhäuser.
Forderungskatalog
Frauenhäuser fordern daher von der Justiz verstärkte Anstrengungen für den Opferschutz, damit gewaltbetroffene Frauen und Kinder angstfrei leben und sich frei bewegen können. Weiters sollten Anzeigen und Gewaltdelikte dokumentiert werden, die Gefährlichkeitseinschätzung seitens der Staatsanwaltschaft müsse verbessert werden. Darüberhinaus müssten auch für die Justiz verpflichtende Schulungen und Fortbildungen durchgeführt von Frauenhäusern und Gewaltschutzzentren/Interventionsstellen
zu „Gewalt in der Familie“ durchgeführt werden. Bei der Polizei sei das das Thema Gewalt in der Familie seit mehr als 20 Jahren in der Ausbildung fix verankert.
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