Kaum bekannt ist allerdings: Es gibt tatsächlich etliche Wohnungen in der Hofburg – und darin wohnen ganz normale Menschen.
Laut Auskunft der Burghauptmannschaft leben derzeit 50 Personen in den 45 Hofburg-Wohnungen. Diese sind zwischen 32 und 176 Quadratmeter groß, die Mieten orientieren sich am Immobilienpreisspiegel und werden diesem angepasst. Genaueres will man nicht verraten.
Sehr normal
Wer aber jetzt an stuckverzierte Decken und Tapetentüren denkt, wird womöglich etwas enttäuscht sein. Wohnen in der Hofburg ist normaler, als man annehmen möchte. Es gibt einen Müll- und einen Fahrradabstellraum. Und wie in den meisten Wohnhäusern ist es auch in der Hofburg nicht gern gesehen, wenn Mieterinnen und Mieterin etwas auf dem Gang stehen lassen. Der Hofburg-Brand, man erinnere sich.
Frau Nowak wohnt in einer knapp 100-Quadratmeter großen Drei-Zimmer-Wohnung im 3. Stock des Reichskanzleitraktes. Es ist ihre dritte Wohnung in der Hofburg. Eingezogen ist sie zu Weihnachten 1960, gemeinsam mit ihrem mittlerweile verstorbenen Mann und hochschwanger mit dem ersten Kind. Diese erste Wohnung lag bei der sogenannten Zuckerbäckerstiege im Leopoldinischen Trakt, also dort, wo der Bundespräsident residiert. 119 Stufen über eine Wendeltreppe hinauf, 119 Stufen hinunter, erzählt Monika Nowak. „Jung waren wir, ich werde das nie vergessen.“
Damals gab es in der Hofburg noch die sogenannte „Hofpartie“, eine Gruppe von Handwerkern, die bei der Burghauptmannschaft beschäftigt war. Tischler, Maurer, Elektriker. Auch Frau Nowaks Mann, damals Gebäudeverwalter der Hofburg, war ab 1948 Teil der Hofpartie. Die meisten ihrer Mitglieder wohnten in Dienstwohnungen in der Hofburg. Bis in die 80er-Jahre war man eine eingeschworene Hausgemeinschaft. In der Zwischenzeit ist Monika Nowak bis auf eine andere ältere Frau die einzige Alt-Mieterin.
In der Hofburg zu wohnen ist aber naturgemäß nicht ausschließlich normal. Allein schon, was die Adresse betrifft. Im Fall von Frau Nowak: Hofburg, Reichskanzleitrakt, 3. Stock.
Sehr außergewöhnlich
Das kommt so selten vor, dass man sie einst beim Ansuchen um einen Kuraufenthalt nicht nach dem Grund für einen solchen fragte, sondern sich vor allem dafür interessierte, warum sie in der Hofburg wohnt.
Auch Frau Nowaks Türschild auf der Gegensprechanlage zu finden, ist eine Aufgabe für sich. Wer den Hausbrauch nicht kennt, muss sich zunächst einmal den Weg durch die Touristinnen und Touristen bahnen: Die Gegensprechanlage befindet sich beim Eingang zum Sisi-Museum. Und dann muss man noch mit dem Lift in den richtigen Stock und mit dem richtigen Code bei der richtigen Tür hinein.
Frau Nowak stört das nicht: „Wenn ich da hinunter gehe und mich durcharbeite, denke ich mir: Wer weiß, wem ich auf Reisen nicht schon im Weg gestanden bin.“ Umgekehrt sei es oft anstrengender: Die Touristen glauben mitunter, Frau Nowak dränge sich vor.
Mit dem Rummel an ihrer Adresse kommt Frau Nowak jedenfalls gut zurecht, an die Vorkehrungen bei Staatsbesuchen hat sie sich gewöhnt. Nur einmal, als die Herren Kennedy und Chruschtschow wegen eines Gipfeltreffens zum Kalten Krieg in Wien weilten und die Hofburg „hermetisch abgeriegelt“ gewesen sei, seien die Nowaks nach dem Urlaub fast nicht zu ihrer Wohnung gekommen. Weil der Taxler, der sie nach Hause brachte, keinen Passierschein hatte, mussten die Nowaks ihre Koffer über den Heldenplatz tragen. Über ihnen auf der Neuen Burg positioniert: bewaffnete Sicherheitskräfte der Russen und Amerikaner. Ihrem Mann habe sie daraufhin befohlen, ihre Koffer „ja nicht abzustellen. Die wussten ja nicht, dass wir da wohnen“.
Mit Alexander Van der Bellens Wahlerfolg im Oktober ist Frau Nowak zufrieden. „Ich mag den Herrn ganz gern.“ Zumal sie jüngst eine Brieffreundschaft mit seinem Büro anknüpfte. Ein helles Licht in der Präsidentschaftskanzlei habe sie sehr gestört, da habe sie einen Brief mit der Bitte um Erledigung verfasst. Unterzeichnet: Mit lieben Grüßen, Monika Nowak, eine Mitbewohnerin.
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