Mein G'schäft: Experimente mit Suchtpotenzial

In ihrer Braumanufaktur brauen und verkaufen Roland (li.) und Robert Schalken Craft-Beer.
Braumanufaktur Schalken: In Ottakring brauen und verkaufen zwei studierte Jazzmusiker unfiltriertes Craft-Beer.

Auch so kann ein Geschäft aussehen: Unscheinbarer Eingang, keine Regale, Kästen oder Vitrinen – oder sonst irgendetwas, das dazu beitragen würde, Ordnung zu schaffen. Einfach eine Zapfanlage, eine Couch und ein paar Bierkisten. Man könnte es ein Experiment nennen. Und das würde zu den beiden Hausherrn auch gut passen. Robert (42) und Roland (28) Schalken – Inhaber der Braumanufaktur Schalken – haben am Experimentieren ihre helle Freude.

Deshalb haben die beiden Brüder, die eigentlich studierte Jazzmusiker sind, ihr bisheriges Metier weitgehend an den Nagel gehängt und die Räumlichkeiten in der Neulerchenfelder Straße 57 angemietet. Dass die vorher einem Unternehmen namens Bierhaus gehörten, passt zwar gut zur Geschichte, war aber Zufall.

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Der Verkaufsraum ist nicht auf den ersten Blick als solcher zu erkennen.

Glühweinkocher

Wie so manches in der Karriere der Brüder. Ins Bierbrauen seien sie einfach so hineingeschlittert, erzählen Robert und Roland Schalken. Am Anfang sei es ein Hobby gewesen als sie in Enzesfeld-Lindabrunn im niederösterreichischen Triestingtal in der Küche einer verstorbenen Verwandten die ersten Brauversuche wagten. Mit nicht mehr als einem herkömmlichen Glühweinkocher und dem Know-how, das sie sich im Internet angeeignet hatten.

Das erste Bier sollte „so was wie ein Kölsch“ werden. Wurde es aber nicht. Es wurde „irgendwas“.

„Zu dunkel, zu bitter. Trinkbar, aber nicht aufregend“, erinnert sich Robert Schalken. Nachsatz von Roland: „Aber es gibt Schlimmeres.“

Bier in Tomatengläsern

Also füllten die beiden das Erstlingswerk in alte Tomatengläser ab und experimentierten eifrig weiter. „Mit dem Learning by doing kam das Suchtpotenzial.“ Vor rund vier Jahren war das – als der Craft-Beer-Trend in Österreich gerade im Entstehen war und sich eine neue Bierkultur zu entfalten begann.

Die Küche im Triestingtal reichte bald aber nicht mehr aus. Mit dem Wunsch, größer zu werden, übersiedelte man nach Wien – erst in die Josefstadt und schließlich in die Neulerchenfelder Straße nach Ottakring.

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Die Brauanlage wurde selbst konzipiert und gebaut.

Hier ist nun alles untergebracht – die selbst konstruierte Brauerei, die Schrotmühle, die Abfüllanlage und die von einem Winzer erstandene und an die 0,33-Liter-Bierflaschen angepasste Etikettiermaschine. Wie das Bierbrauen brachten sich die Autodidakten auch den Bau der Gerätschaften selber bei.

Von einem Hobby kann heute freilich keine Rede mehr sein. Für die Musik bleibe fast keine Zeit mehr, erzählt Roland. Mittlerweile sei das Bierbrauen der Hauptjob: „Brauen, Abfüllen und die Buchhaltung auch noch“ – dafür brauche er mittlerweile vier bis fünf Tage pro Woche. Nur ein bis zwei Mal im Monat kann man den Jazzpianisten beim Brunch im „Imperial Riding School Renaissance Hotel“ in der Ungargasse live am Klavier erleben – „für mehr reicht die Zeit nicht aus“.

Vier Bierstile

Ein Mal pro Woche wird gebraut. Pro Sud füllen die Brüder Schalken 600 Flaschen. Dabei entstehen je nach Bedarf vier Bierstile: Das Kölx (das stilistisch einem Kölsch entspricht, aber nicht so heißen darf, weil die Bezeichnung geografisch geschützt ist), das WIT, ein belgisches Weizenbier, das East Coast IPA sowie neuerdings ein Wiener Lager namens Gemeindebrau.

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Die Brüder Schalken brauen Kölx, WIT, Gemeindebrau und East Coast IPA .

Verkostet und gekauft werden können die Biere nach Voranmeldung auf der Website direkt in der Braumanufaktur Schalken. Ab Herbst – wenn der Sommer vorbei ist – planen die Brüder zudem wieder einen regelmäßigen Straßenverkauf. „Aller Voraussicht nach freitags am späten Nachmittag.“ (Man mag es kaum glauben, aber in den heißen Monaten bestehe „tatsächlich weniger Nachfrage nach Bier“, sagt Roland Schalken. „Ab 25 Grad geht der Bierkonsum zurück.“ Vielleicht liege das aber auch daran, dass viele Studenten in den Ferien seien.)

Wer Interesse hat, kann die Kreationen der Brüder Schalken am 6. und 7. September auch beim Reindorfgassenfest probieren. Infos unter www.braumanufakturschalken.at

Der Schalken-Stil

Zubereitung & Preis: Alle Biere der Brüder sind in der Flasche nachvergoren, wodurch auf natürliche Weise Kohlensäure ins Bier gelangt. Zudem sind sie unfiltriert und unpasteurisiert sowie gut gereift. In der Braumanufaktur kosten die 0,33-Liter-Flaschen 2,50 bis 3€. Zu kaufen gibt es die Biere auch beim „Biergreissler“ in der Lederergasse.

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