"Man kann hier viel lernen, wir leben ja doch im Überfluss"

KURIER-Mitarbeiter helfen bei der Lebensmittelausgabe
Im Zuge einer Kooperation mit der Caritas durfte auch der KURIER mithelfen.

Um Punkt 11 Uhr sitzen schon die ersten 20 Kunden im Vorraum des Pfarrzentrums Schwechat. Sie warten geduldig auf die Essensausgabe der Caritas. Vor Ort sind auch drei KURIER-Redakteurinnen. Nicht zuschauen, sondern selbst anpacken lautet ihre Devise.

"Man kann hier viel lernen, wir leben ja doch im Überfluss"
KURIER- Mitarbeiter helfen bei der Lebensmittelausgabe im Pfarramt, Caritas
Laila Daneshmandi, Nicole Thurn und Dorothe Rainer werden kurz eingeschult, um dann an die etwa 40 Kunden Essen zu verteilen. Dieses wird von Supermärkten an die Caritas weitergegeben.

Das Projekt "Le+O – Lebensmittel und Orientierung", das 2009 in Wien startete, wird seit 17. März auch in Mödling und Schwechat umgesetzt. Menschen, die unter einer gewissen Einkommensgrenze leben, haben Anspruch darauf, alle zwei Wochen um 3,50 Euro einkaufen gehen zu können.

Große Dankbarkeit

Bei der Computererfassung werden bei Erstanmeldern Meldezettel, Ausweis und Einkommensnachweis überprüft. Werden alle Kriterien erfüllt, geht’s weiter zur Essensausgabe, wo man je nach Größe der Familie Lebensmittel erhält. Bis zu drei Mal könne man aber auch ohne Nachweis herkommen, erklärt die freiwillige Helferin Brigitte Samsinger: "Mir war urfad in der Pension und die Lerncafés in Wiener Neustadt waren mir zu weit weg. Dann begann das Projekt Le+O", schildert Samsinger. "Man kriegt hier schon ein Gefühl der Dankbarkeit."

Und auch die Kunden sind offenbar sehr dankbar. "Eine Frau war so glücklich, weil alle hier so freundlich sind, und hat gefragt, ob wir eh nicht wieder zusperren", erzählt Judith Blachfelner, Teamleiterin und zuständig für die Organisation der Ausgabestelle in Schwechat.

Redakteurin Rainer ist vom Miteinander begeistert: "Mir ist aufgefallen, es sind alle sehr bescheiden. Es nimmt hier wirklich jeder nur das, was er auch braucht."

Blachfelner freut es, dass das Angebot trotz Hemmschwelle angenommen wird. "Da sieht man, dass das, was wir machen, Sinn hat."

Sozialberatung

Für viele sei die derzeitige Situation nur ein Übergangsstadium, bis es ihnen wieder besser gehe. "Deshalb wird ja auch eine Sozialberatung angeboten, um bei der Jobsuche helfen zu können", weiß die Teamleiterin.

Bei der Ausgabestelle ist Silvia Schabler tätig. Seit September in Pension, suchte sie eine "sinnvolle Beschäftigung" und entdeckte Le+O: "Man gibt zwar etwas, aber man kriegt so viel zurück. Wenn ich von der Essensausgabe heimgehe, werde ich nachdenklicher und wieder kleiner. Man kann hier viel lernen, wir leben ja doch im Überfluss."

KURIER: Frau Dietrich-Hübner, was passiert bei Rewe mit Lebensmittelabfällen?

Tanja Dietrich-Hübner: Wir versuchen, viel an karitative Einrichtungen weiterzugeben. Wichtiger ist aber der Punkt, wie man solche Abfälle verhindern kann. Man muss also besser kontrollieren, was in die Filialen kommt. Stichwort: Bedarfsgerechte Bestellung.

Viel wird weggeschmissen, weil es abgelaufen ist. Ist das Ablaufdatum ein Hindernis?

"Man kann hier viel lernen, wir leben ja doch im Überfluss"
Tanja Dietrich-Hübner, Rewe, Stabstelle Nachhaltigkeit
Es braucht so ein Datum. Da geht es um Sicherheits- und Haftungsfragen. Manchmal ist es schon mühsam. Bei den Eiern gibt es zum Beispiel zwei Daten. Nicht nur ein "Haltbar bis"-, sondern auch ein "Verkaufen bis"-Datum. Wir müssen Eier etwa eine Woche vor dem Ablaufen entsorgen. Wenn es in der Filiale ein Restaurant gibt, können wir sie verarbeiten. Das betrifft aber nur einen Bruchteil der Ware. Wir können ja nicht dauernd Eierspeise machen.

Wieso gibt es noch Kauf-3-Zahl-2-Aktionen?

Man muss den Kunden schon zutrauen, dass sie entscheiden können, ob sie ein Produkt brauchen oder nicht. Die meisten der Aktionen sind zudem im Non-Food-Bereich.

Was passiert mit Obst und Gemüse, das nicht der Norm entspricht?

Dafür haben wir die "Wunderlinge". Dabei werden Produkte, die zu groß, zu klein oder zu krumm sind, günstiger verkauft.

Erwarten wir zu viel Perfektion?

Das Auge kauft nun einmal mit. Ich würde auch keinen verwelkten Salat kaufen.

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